Eingliederung von Langzeitarbeitslosen im Rückwärtsgang?

Als Instrument des sog. Teilhabechancengesetzes soll der § 16e SGB II seit 1.1.2019 die Eingliederung von Langzeitarbeitslosen fördern (siehe auch hier und hier).

Im Juli 2023 betrug der Fallbestand 6.666 Förderungen (vorläufige Zahl; Quelle der Zahlen: Statistik der Bundesagentur für Arbeit). Das entspricht etwa dem Niveau vom Oktober 2019, also einem dreiviertel Jahr nach Einführung. Die Zahl der Eintritte lag im Juli 2023 bei 221. Sie liegt so niedrig wie noch nie und stellt somit den Tiefstwert seit Start des Instrumentes Januar 2019 dar.

Seit September 2019 gehen die monatlichen Zugänge im Trend zurück (siehe auch hier und hier und hier und hier). Diese Entwicklung setzt also bereits deutlich vor der Corona-Pandemie ein. Die niedrigen Eintrittszahlen in den letzten Monaten sind insoweit bedenklich, als der Anteil der Langzeitarbeitslosen im SGB II im Juli 2023 über47 % an den Arbeitslosen betrug. Hier besteht großer Förder- und Handlungsbedarf, denn das dafür geschaffene Instrument „Eingliederung von Langzeitarbeitslosen“ wirkt offensichtlich nicht oder wird nicht genutzt.

Seit Januar 2021 gehen außerdem die kontinuierlich Bestandszahlen zurück.

Quelle der Daten: Statistik der Bundesagentur für Arbeit. Eigene Darstellung.

Insgesamt sind bislang rund 30.733 Personen über das Instrument gefördert worden. Andererseits sind rund 24.067 bereits wieder ausgeschieden, was etwa 73 Prozent der Geförderten betrifft.

Damit verbunden sind Teilnahmedauern von deutlich unter der Förderdauer von zwei Jahren. Die sinkenden Einritte kompensieren nicht die vorzeitigen Austritte, sodass der Bestand sinkt.

Der Änderungsbedarf bei der Ausgestaltung der Förderung ist offensichtlich. Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung wird vage von einer Weiterentwicklung gesprochen. Das Bürgergeld-Gesetz lässt das Instrument unverändert. Geplant wird im Bundeshaushalt 2024 eine Kürzung der Eingliederungsmittel. Das wird, im Kombination mit anderen Planungen der Bundesregierung, den Rückwärtsgang bei der Eingliederung von Langzeitarbeitslosen wahrscheinlich verstärken. Der Anteil der Langzeitarbeitslosen wird sich mit dem Umfang von § 16e SGB II kaum reduzieren lassen. Parallel soll 2024 auch das Budget für die Verwaltungskosten gekürzt werden. Damit ist eine intensivierte Beratung und Begleitung der Langzeitarbeitslosen als Alternative ebenfalls erschwert.

Ein Vorschlag zur Verbesserung der Finanzsituation für die Eingliederung von Langzeitarbeitslosen wäre die Ausweitung des Passiv-Aktiv-Transfer (bisher nur §16i SGB II) auf § 16e SGB II. Dann könnte wieder der Vorwärtsgang eingelegt werden.

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