Anerkennung von Berufsqualifikationen: Europäischer Rechnungshof und Europäische Kommission beanstanden Deutschland

Die Anerkennung von im Ausland erworbenen Berufsqualifikationen von ausländischen Arbeitskräften ist wichtig für die Gewinnung von Fachkräften. Sie ist auch wesentlich, wenn es darum geht ausländische Arbeitskräfte, die in Deutschland arbeitslos sind, wieder in den Arbeitsmarkt zu vermitteln.

Deutschland setzt die europäische Richtlinie über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (2005/36/EG; https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A32005L0036&qid=1736345763985) nicht rechtskonform um.

Zwei Beispiele zeigen das.

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Der Europäische Rechnungshof zur Dauer der Anerkennungsverfahren

Der Europäische Rechnungshof hat sich in einem Sonderbericht (2024) mit der Anerkennung von Berufsqualifikationen in der EU beschäftigt. Er kommt in Bezug auf Deutschland unter anderem auf folgende Beanstandungen:

  • Dauer: Von Deutschland wurde angegeben, dass es ab Eingang der vollständigen Unterlagen vier Monate oder länger dauere, bis eine Entscheidung zur Anerkennung getroffen werde, obwohl das Verfahren gemäß der Richtlinie maximal drei Monate dauern darf.
  • Statistik: Gemäß der Berufsanerkennungsrichtlinie sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, alle zwei Jahre statistische Daten zu übermitteln. Die Mitgliedstaaten sollen ferner ihre Anerkennungsentscheidungen in der Datenbank der reglementierten Berufe melden. Obwohl Deutschland das Hauptzuzugsland der EU-Bürgerinnen und -Bürger ist, machen die in der Datenbank gemeldeten Entscheidungen nur 6 % aller Entscheidungen aus. Im November 2023 erfuhr der Europäische Rechnungshof, dass das zuständige deutsche Ministerium nicht über ausreichende personelle Ressourcen verfügte, um alle Entscheidungen für den Zeitraum 2017–2021 in die Datenbank der reglementierten Berufe einzugeben. Da es nicht möglich war, die Daten automatisch hochzuladen, hatte das Ministerium der Kommission Excel-Dateien mit den Statistiken zur Verfügung gestellt, diese Entscheidungen jedoch nicht in die Datenbank eingetragen.

Im Koalitionsvertrag von Union und SPD steht die Absicht:

Wir setzen uns für einheitliche Anerkennungsverfahren innerhalb von acht Wochen ein.“

Angesichts der Beanstandung stellt sich die Frage, was diese Absichtserklärung konkret bedeutet. Die rechtliche Vorgabe ist maximal 3 Monate, die bereits jetzt nicht eingehalten wird, und nun sollen die Verfahren innerhalb von 2 Monaten abgeschlossen werden, und zeitgleich fehlt es an Personal, Daten in eine Datenbank einzutragen.

Die EU-Kommisisonzur Unzulässigkeit von Prüfungen zur Anerkennung von Berufsqualifikationen

Im Dezember 2024 hat die Europäische Kommission die erste Stufe des Vertragsverletzungsverfahrens gegen Deutschland eingeleitet. Grund: Deutschland hält die Richtlinie über die Anerkennung von Berufsqualifikationen nicht ein. Konkret geht es darum, dass Deutschland unnötige Nachprüfungen in Branchen wie Bau, Verkehr und Unternehmensdienstleistungen verlangt, wenngleich die rechtlichen Bedingungen dafür nicht erfüllt sind. Nachprüfungen von Qualifikationen sind lediglich in Ausnahmen bei Berufen zulässig, die Gesundheit und Sicherheit betreffen.

Im Koalitionsvertrag von Union und SPD heißt es zu diesem Thema:

Eine ad-hoc-Arbeitsgruppe von Bund und Ländern wird zeitnah Maßnahmen zur Beschleunigung der Anerkennungsverfahren und Prozesse entwickeln und vorschlagen, wie die Zentralstelle für Ausländisches Bildungswesen (ZAB) in Struktur und Organisation angepasst und gegebenenfalls unterstützt wird.“

Fazit

Die Probleme mit der Berufsanerkennung scheinen zumindest in Deutschland tiefgreifend zu sein. Andere EU-Länder kommen den Vorgaben der Richtlinie nach.

Was kurzfristig und vermutlich kostenlos umgesetzt werden kann: auf rechtlich nicht gebotene Nachprüfungen verzichten. Es geht also zunächst nicht um Bürokratieabbau, sondern darum, Unzulässiges nicht zu tun. Das spart Arbeitszeit und beschleunigt das Verfahren.

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