Nach medialer Kritik an der niedrigen Beschäftigungsquote von aus der Ukraine geflüchteten Menschen hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) im Jahr 2023 den „Job-Turbo zur Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten“ gestartet. Damit sollte eine schnelle Integration in Arbeit erreicht und die nötigen Sprachkenntnisse beschäftigungsbegleitend nachgeholt werden. In den Veröffentlichungen (Zugriff: 2.6.2025) heißt es beim BMAS beispielsweise dazu:
„Unternehmen sollen ermutigt werden, Geflüchtete verstärkt bereits ohne gute Deutschkenntnisse zu beschäftigen und ihre Fähigkeiten im Betrieb weiterzuentwickeln.“
Und
„Berufsbegleitende (Sprach-) Fördermöglichkeiten können einen wesentlichen Beitrag beim Ankommen im Betrieb und der Einarbeitung leisten.“
Die avisierte Größenordnung waren rund 200.000 Flüchtlinge.
Weiterlesen: Berufssprachkurse – mehr Schein als Sein?„In letzter Zeit haben allein 100.000 Ukrainerinnen und Ukrainer den Integrationskurs abgeschlossen, weitere 100.000 werden dies in den kommenden Monaten tun. Wer einen Integrationskurs absolviert hat, soll so schnell wie möglich Arbeitserfahrung sammeln…“
Zumindest die ersten Schritte für eine schnelle Vermittlung – Leistungsberechtigte zu einem Termin in das Jobcenter einladen – wurden umgesetzt (zum Erfolg: Hammer 2024: Beschleunigt der Job-Turbo die Arbeitsaufnahme von Flüchtlingen im Bürgergeld-Bezug?; Bundesrechnungshof: Bericht nach § 88 Absatz 2 BHO an den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages Betreuung Geflüchteter aus der Ukraine durch die Jobcenter, 29.10.2024).
Was offensichtlich nicht umgesetzt wurde, war und ist die Berufsbegleitende (Sprach-) Fördermöglichkeit.
Am 17.9.2024 veröffentlichte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) eine Meldung mit der Überschrift: „Job-Berufssprachkurse auf Erfolgskurs!“ Darin heißt es
„Als im Oktober 2023 der Job-Turbo der Bundesregierung ausgerufen wurde, ergänzte das BAMF mit einem neuen, eigens dafür entwickelten Konzept das bestehende Kursangebot um die Job-Berufssprachkurse. Der passgenaue Spracherwerb am Arbeitsplatz steht bei den Job-BSK ganz klar im Fokus: Menschen mit Deutsch als Fremdsprache soll das Fußfassen in der Arbeitswelt erleichtert werden, indem genau die Sprache, welche auch wirklich im Arbeitsalltag gebraucht wird, vermittelt wird. Damit der Einstieg von Geflüchteten in den jeweiligen Betrieb auch bei noch geringen Deutschkenntnissen gelingt, soll der Spracherwerb durch berufsbegleitendes Deutschlernen und schneller eintretende Erfolgserlebnisse attraktiver gestaltet werden.“ (https://www.bamf.de/SharedDocs/Meldungen/DE/2024/240917-am-job-bsk-tour.html, Zugriff 2.6.2025)
Ankündigung und Umsetzung der berufsbegleitende (Sprach-) Fördermöglichkeit fallen extrem auseinander. Dies wird an der Größenordnung deutlich:
„Inzwischen sind bundesweit mehr als 90 Kursen mit über 600 Teilnehmenden in allen Regionen gestartet.“ (BAMF, 17.9.2024)
200.000 Integrationskurs-Absolvent*innen standen 600 beschäftigungsbegleitende Job-Berufssprachkurse-Teilnehmende gegenüber und zwar in ganz Deutschland. Das entspricht etwa 40 Teilnehmenden pro Bundesland oder rund 1,5 Teilnehmende pro Jobcenter.
Mit dem gekürzten Bundeshaushalts-Ansatz 2025 wurden seit der zweiten Jahreshälfte 2024 zahlreiche Sprachfördermöglichkeiten eingeschränkt und manche Job-Berufssprachkurse können nur mit der Zustimmung des BAMF stattfinden.
Koalitionsvertrag Union und SPD
Die neue Bundesregierung aus Union und SPD kündigt in ihrem Koalitionsvertrag (S. 15) die Fortsetzung der bisherigen Vorgehensweise an, die Kernelement des Job-Turbo für Flüchtlinge gewesen ist:
„Wir werden die schnelle und nachhaltige Integration Geflüchteter in den Arbeitsmarkt mit einer Verbindung aus früherer Arbeitserfahrung, berufsbegleitendem Spracherwerb und berufsbegleitender Weiterbildung/Qualifizierung dauerhaft voranbringen.“
Die Umsetzung würde eine Steigerung der Job-Berufssprachkurse von 600 Teilnehmenenden auf z. B. 200.000 verlangen. Dafür müssten auch die Haushaltsmittel bereitgestellt werden – für die entsprechende Dauer der Umsetzung.
Ausblick
Eine Frage ist, ob die Träger in der Lage wären, größere Kapazitätssteigerungen umzusetzen, und die Verwaltung Zulassungen und Abrechnungen im entsprechenden Volumen vorzunehmen. Bis dahin wurde das Prinzip des Forderns, aber nicht des Förderns umgesetzt. Die Beteiligten – Arbeitgeber, beschäftigte Flüchtlinge, zivilgesellschaftliche Organisationen – könnten sich getäuscht sehen. Weiter stellt sich die Frage, ob ein Berufssprachkurs mit Sprachzertifikat nachhaltiger wäre für die Integration als jetzt ohne Zertifikat.