Nach der Veröffentlichung der September-Arbeitslosenzahlen durch die Bundesagentur für Arbeit schreibt die Frankfurter Rundschau am 1.10.21:
„Deutschland hat die Corona-Krise bisher gut verkraftet. Und die Arbeitsmarktzahlen deuten noch auf etwas anderes hin. Die Zeiten, in denen sich große Teile der Bevölkerung Sorgen machen mussten, wenn sie ihre Arbeit verloren, sind vorbei. Massenarbeitslosigkeit gehört offenbar der Vergangenheit an. Dafür drohen andere Probleme.“
Björn Hartmann, FR v. 1.10.21, S. 14, https://tinyurl.com/yetcxxrx
Aktuell gibt es rd. 2,5 Mio. Arbeitslose und 3,2 Mio. Unterbeschäftigte (Arbeitslose einschließlich Teilnehmende in Maßnahmen der Arbeitsverwaltung).
Da stellt sich die Fragen, ab wie viel Millionen der FR-Autor von Massenarbeitslosigkeit sprechen würde und sich große Teil der Bevölkerung Sorgen um Arbeitslosigkeit machen müssten. Offensichtlich neigt der Autor dazu, eine Arbeitslosenquote von 10% und mehr als Massenarbeitslosigkeit zu werten:
Die Zeiten zweistelliger Arbeitslosenquoten sind offenbar vorbei.
Das Problem der Massenarbeitslosigkeit wird in diesem Beitrag auf weitere Weisen relativiert. Es wird berichtet, wie die Entwicklung ohne die Corona-Pandemie vermutlich gewesen wäre.
„…die Arbeitslosenquote betrug 5,4 Prozent. Ohne den Corona-Effekt – noch sind 930 000 Beschäftigte in Kurzarbeit – wären es 4,9 Prozent gewesen.“
Dadurch erscheint die Behauptung, Massenarbeitslosigkeit gehört der Vergangenheit an, zahlenmäßig noch deutlicher. Das was-wäre-wenn-ohne-Corona-Szenario mildert ja die Sorgen der Betroffenen ja nicht, denn die Pandemie ist ja da.
Auch in absoluten Zahlen ist die Arbeitslosigkeit im Vergleich zu 2005 zurückgegangen. Dabei werden die zahlreichen statistischen Änderungen der Definition Arbeitslosigkeit nicht erwähnt. Zudem ist das Vergleichsjahr 2015 wegen der EDV-Umstellung durch die Einführung des SGB II denkbar ungünstig. Würde man 2004 als Bezugsjahr nehmen ist der Unterschied deutlich kleiner.
Außerdem werden nur die sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisse herangezogen. Minijobber können nicht „arbeitslos“ im statistischen Sinne werden. Dennoch können sie sich Sorgen wegen dem Verlust ihrer Arbeit machen. Und Minijobber haben während der Pandemie in großem Umfang ihre Arbeit verloren.
Der Autor Björn Hartmann ist allerdings noch mutiger als die Bundesagentur für Arbeit: er prognostiziert das Ende der Massenarbeitslosigkeit („gehört der Vergangenheit an“), und nicht nur eine aktuelle Reduzierung.