Wie wirken sich die Verwaltungskosten der Jobcenter auf ihre Vermittlungsquote aus?

Im Kontext von „Sparvorschlägen“ wurde von verschiedenen Akteuren (Bertelsmann Stiftung 2025, Bundesrechnungshof 2023) Kritik an der Effizienz der Jobcenter publiziert.

Beispielsweise wird im Bertelsmann Stiftung-Papier für das SGB II unterstellt, dass

  • 1. in den letzten Jahren sind die Verwaltungskosten (VK) je Bedarfsgemeinschaft (BG) gestiegen sind (vor allem durch Umschichtung aus dem Eingliederungstitel – Budget der Jobcenter für Leistungen zur Eingliederung in Arbeit – zu den Verwaltungskosten),
  • 2. in den letzten Jahren die Vermittlungsquoten (VQ) der JC gesunken sind.

Steigende Verwaltungskosten je Bedarfsgemeinschaft gehen demnach mit gesunkenen Vermittlungsquote einher.

Schlussfolgerung dieser Kritik:

  • • Jobcenter sind weniger effizient geworden.
  • • Nötig ist Änderung der Jobcenter bzw. des Bürgergeldes.

Dieser Kritik wird im folgenden nachgegangen und der Einfluss der Verwaltungskosten auf die Vermittlungsquote im SGB II exemplarisch geprüft.

Frage

Wie ist der Einfluss der Einfluss der Verwaltungskosten je Bedarfsgemeinschaft (VK) auf die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit gemessen an der Vermittlungsquote (VQ).

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Daten

Die zugrunde liegenden Daten basieren auf dem Jahr 2022 und 380 Jobcentern (für die übrigen waren die Daten nicht ausgewiesen). Sie wurden von der Statistik der Bundesagentur für Arbeit bereitgestellt. Berücksichtigt wurden Ist-Zahlen, d. h. es wurden nicht veranschlagte Umschichtungen (Plan) berücksichtigt, sondern die tatsächlichen.

Verwaltungskosten enthalten die Personalkosten und Sachkosten (Räume, Ausstattung usw.), die sowohl für die Gewährung der Leistungen als auch für die Eingliederung in Arbeit anfallen sowie die Verwaltungskosten im engeren Sinne (Personalkosten und Sachkosten für die Lohnabrechnung für die Beschäftigten der Jobcenter usw.). Der größte Teil sind also Beratungskosten. Die Spanne in den Daten reicht von 1.055 Euro bis zu 5.406 Euro je Bedarfsgemeinschaft. Der Mittelwert beträgt 2.205 Euro je Bedarfsgemeinschaft.

Vermittlungsquote ist das Verhältnis der Zahl der Arbeitslosen, die in eine nicht geförderte Beschäftigung nach Auswahl und Vorschlag des Jobcenters vermittelt wurden, zu der Zahl aller Abgänge aus Arbeitslosigkeit in eine nicht geförderte Beschäftigung. Andere Vermittlungen werden damit nicht berücksichtigt. Die Spanne in den Daten reicht von 0,5 Prozent bis zu 80,5 Prozent je Bedarfsgemeinschaft. Der Mittelwert beträgt 7,7 Prozent bei 395 Jobcentern.

Ergebnis

Der Zusammenhang von Verwaltungskosten je Bedarfsgemeinschaft und Vermittlungsquote ist im Jahr 2022 leicht positiv, d. h. steigende Verwaltungskosten je Bedarfsgemeinschaft haben einen positiven Einfluss auf die Höhe der Vermittlungsquote. Demnach sind hohe Verwaltungskosten im Jahr 2022 nicht negativer für die Vermittlungsquote als niedrige Verwaltungskosten.


Bei durchschnittlichen Verwaltungskosten je Bedarfsgemeinschaft von 2.205 Euro ergibt sich eine Vermittlungsquote von 7,3 %. Bei Verwaltungskosten von 2.000 Euro liegt die Vermittlungsquote bei 6,7 % und bei Verwaltungskosten von 2.400 bei 8 %.

Verwaltungskosten je Bedarfsgemeinschaft und Vermittlungsquote (2022)

Allerdings ist die Erklärungskraft gering. So weisen Jobcenter mit Verwaltungskosten je Bedarfsgemeinschaft um die 2.000 Euro fast die gleiche Bandbreite an Vermittlungsquoten auf wie diejenigen mit über 2.500 Euro.

Die Erklärungskraft des Modells lässt sich verbessern, wenn weitere Einflussgrößen dazugenommen werden. Solche Moderatorvariablen beeinflussen Stärke, Signifikanz und Richtung des Zusammenhangs von zwei anderen Variablen, hier Verwaltungskosten je Bedarfsgemeinschaft und Vermittlungsquote.

Eine zentrale Einflussgröße ist die Änderung des Bestands an Langzeitleistungsbeziehenden (Kennzahl K3 im gesetzlichen Zielsteuerungssystem). Sie schwächt die Wirkung des Kosteneinflusses auf die Vermittlungsquote stark ab (negativer Effekt mit hoher Signifikanz). Bei gleichen Verwaltungskosten je Bedarfsgemeinschaft hängt der Einfluss der Verwaltungskosten je Bedarfsgemeinschaft auf die Vermittlungsquote von einer Zunahme oder Abnahme des Bestands von Langzeitleistungsbeziehenden ab.

Beispiel: Sinken die Verwaltungskosten je Bedarfsgemeinschaft von 2.205 Euro (der Mittelwert) auf 2.000 Euro, so würde die Vermittlungsquote von 7,5% (Mittelwert im Modell) auf 7,3% reduziert werden. Würden die Verwaltungskosten je Bedarfsgemeinschaft auf 2.400 Euro erhöht werden, dann steigt die Vermittlungsquote auf 7,7% (K3 bleibt konstant beim Mittelwert). Um bei konstanter Vermittlungsquote mit weniger Verwaltungskosten pro Bedarfsgemeinschaft auszukommen, um z. B. Umschichtungen zu reduzieren, müsste die Zahl der Langzeitleistungsbeziehenden reduziert werden. Bei einer Zielgröße von 2.000 Euro Verwaltungskosten pro Bedarfsgemeinschaft müsste die K3-Veränderungsrate von – 6,1 (Mittelwert) auf -5,9 verbessert werden.

Als eine weitere Moderatorvariable wurde die Zahl der Bedarfsgemeinschaften berücksichtigt. Sie stärkt den Einfluss der Verwaltungskosten je Bedarfsgemeinschaft auf die Vermittlungsquote. Große Bedarfsgemeinschaft-Zahlen führen bei steigenden Verwaltungskosten je Bedarfsgemeinschaft eher zu höheren Vermittlungsquoten (positiver signifikanter Effekt). Der Einfluss der Verwaltungskosten je Bedarfsgemeinschaft auf die Vermittlungsquote hängt davon, wie sich die Moderatorvariable Bedarfsgemeinschaft verhält.

Beispiel: Sinken die Verwaltungskosten je Bedarfsgemeinschaft von 2.205 Euro (der Mittelwert) auf 2.000 Euro, so würde die Vermittlungsquote von 7,5% (Mittelwert im Modell) auf 6,9% reduziert werden. Würden die Verwaltungskosten je Bedarfsgemeinschaft auf 2.400 Euro erhöht werden, dann steigt die Vermittlungsquote auf 8,1% (K3 bleibt konstant beim Mittelwert). Um bei konstanter Vermittlungsquote mit weniger Verwaltungskosten pro Bedarfsgemeinschaft auszukommen, um z. B. Umschichtungen zu reduzieren, müsste die Zahl der Bedarfsgemeinschaften reduziert werden. Bei einer Zielgröße von 2.000 Euro Verwaltungskosten pro Bedarfsgemeinschaft müsste die Zahl der Bedarfsgemeinschaften von 6.853 (Mittelwert) auf 5.540reduziert werden.

Der Einfluss von K3 ist stärker als die Zahl der Bedarfsgemeinschaften.

Fazit

Die vorliegende Untersuchung kommt zu dem Schluss, dass die Auswirkungen der Verwaltungskosten je Bedarfsgemeinschaft auf die Vermittlungsquoten maßgeblich von der Anzahl der Bedarfsgemeinschaften sowie der Veränderung der Zahl der Langzeitleistungsbeziehenden im Bestand abhängen.

Die Daten erlauben jedoch keinen kausalen Schluss, dass hohe Verwaltungskosten je Bedarfsgemeinschaft mit niedrigen Vermittlungsquoten einhergehen und/oder auf eine geringe Effizienz von Jobcentern mit hohen Verwaltungskosten je Bedarfsgemeinschaft hinweisen.

Literatur

Bertelsmann Stiftung 2025:„Bürgergeld: Anspruch, Realität, Zukunft“

Bundesrechnungshof 2023: Bedarfsgerechte Veranschlagung und Verteilung der Mittel für Eingliederungsleistungen in der Grundsicherung für Arbeitsuchende

Hammer, A. 2025: Zeitreihenanalyse von Beschäftigungsübergängen. Trends und Prognosen der Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt am Beispiel von Abgangsraten. download

Hinweise

Eine ausführlichere Fassung wird demnächst hier und unter der Rubrik „Publikationen“ erscheinen.

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