Zum 1.1.2019 ist das sog. Teilhabechancengesetz in Kraft getreten. Mit ihm wurde u. a. der §16e SGB II geändert. Mit der neuen Regelung ist die Förderung von Langzeitarbeitslosen bzw. deren Arbeitgeber durch Lohnkostenzuschüsse gegenüber der vorherigen Regelung vereinfacht worden. Bis zum August 2019 sind rund 6.000 Langzeitarbeitslose bei Arbeitgebern gefördert worden. Welche Merkmale weisen diese Geförderten auf?
Die Daten der Statistik der Bundesagentur für Arbeit zeigen vor allem, dass bestimmte Personengruppen bevorzugt gefördert werden und dafür andere schlechtere Chancen auf eine Förderung haben.
Bundesweit waren von drei nach §16e SGB II geförderten Personen zwei männlich (65,8 %) und eine weiblich. Der Männeranteil in den Jobcentern liegt bei rund 55 % und damit deutlich niedriger.
Durchweg werden in allen Bundesländern Männer bei der Förderung gegenüber Frauen bevorzugt. Den höchsten Männeranteil weist Hamburg auf mit fast 80 %, gefolgt von Schleswig-Holstein mit ca. 76 %. Ausgeglichener sind die Anteile nach Geschlecht in Hessen (57,9 %) und Thüringen (57,5 %) sowie in Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt.
Eine weitere Gruppe, die vorrangig mit §16e SGB II gefördert wird, sind deutsche Staatsangehörige. Ihr Anteil beträgt bundesweit 80 %. Bei den Arbeitslosen im Rechtskreis SGB II ist ihr Anteil deutlich geringer – rund 67 %.
Auch hier ist die größere Förderchance von Personen mit einer deutschen gegenüber einer ausländischen Staatsangehörigkeit in fast allen Bundesländern gegeben. Deutsche mit einer Förderung nach §16e SGB II haben in ostdeutschen Bundesländern einen größeren Anteil von rund 95 %. Näher an der tatsächlichen Verteilung im Rechtskreis SGB II sind die Jobcenter in den Bundesländern Saarland (rd. 61 % Deutsche) und Baden-Württemberg (ca. 68 %).
Auch scheint das Regelinstrument „Eingliederung von Langzeitarbeitslosen“ Personen mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung größere Chancen auf eine Förderung zu geben, vor allem in Ostdeutschland. Allerdings ist hier die Datenlage nicht durchgängig plausibel. In Sachsen verfügen über 70 % der Gefördeten eine Berufsausbildung.
Nun könnte man einwenden, dass die Bevorzugung von Deutschen und von Männern und die schlechteren Chancen von Ausländern und Frauen etwas mit der Einstellungspraxis der Arbeitgeber zu tun hat, für die die Jobcenter keine Verantwortung tragen. Allerdings ist die Förderentscheidung der Jobcenter eine Ermessensentscheidung. Und wie in §16e (1) SGB II vorgegeben, ist diese „unter Einbeziehung der übrigen Eingliederungsleistungen“ zu treffen. Das heißt, dass vorrangig vor allem der Eingliederungszuschuss als Förderinstrument zu prüfen ist. Der Eingliederungszuschuss sieht für die Arbeitgeber eine geringere Förderleistung vor. Das ändert aber nichts am Vorrang gegenüber §16e SGB II.
Creaming-Effekte zum Nachteil von Frauen und Ausländern sind nicht neu. Diese waren auch bei vorherigen Förderprogrammen zu beobachten. Häufig führen hohe politische Erwartungshaltungen hinsichtlich der erfolgreichen Einführung neue Förderinstrumente vor allem zu schnellen Förderbewilligungen. Das ist bei der Bewertung von Creaming-Effekten, bei denen die Jobcenter ursächlich erscheinen, zu berücksichtigen.
Die weitere Entwicklung wird zeigen, ob langzeitarbeitslose Frauen und Ausländer größere Förderchancen bekommen werden. Ein Gegensteuern ist nötig.