Der Internationale Tag der Menschen mit Behinderung am 3. Dezember jedes Jahres ist ein Gedenk- und Aktionstag der Vereinten Nationen. Er soll der Öffentlichkeit die Situation von Menschen mit Behinderung bewusst machen und ihre Inklusion fördern.
Zur Inklusion gehört auch die Teilnahme am Erwerbsleben (Artikel 27 des Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen der Vereinten Nationen) und die Vermeidung von Arbeitslosigkeit. Damit ist es allerdings in Deutschland trotz guter Wirtschaftssituation in den letzten Jahren nicht gut bestellt (siehe hier).
Weiter ist die Diskriminierung von Menschen mit Behinderung Thema. Dazu gab es 2019 eine repräsentative Bevölkerungsumfrage ((Strukturelle) Diskriminierung, Mai 2019. Eine Studie von Kantar, Public Division im Auftrag des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung (BPA)). Aus diesen Datensätzen* lässt sich das Ausmaß von Diskriminierung von Menschen mit Behinderung genauer bestimmen. An der Befragung haben 1.060 Personen im Alter von über 18 Jahren teilgenommen. Die folgenden Zahlen sind zur Korrektur der Ausfälle durch Anpassung der Strukturen der Stichprobe an die Strukturen der Grundgesamtheit gewichtet.
Von den Befragten erklärten 8,7 %, dass sie persönlich eine Diskriminierung aufgrund einer Behinderung oder chronischen Krankheit in den letzten drei Jahren erlebt haben. Unter denen, die Frage überhaupt beantwortet haben, waren es 43,1 %. Unter den verschiedenen Diskriminierungsmerkmalen (Geschlecht, Alter u.a.) war Behinderung das häufigste.
Im Folgenden werden Ergebnisse dieser Befragten genauer betrachtet.
In zahlreichen Bereichen wird die Diskriminierung erlebt. Als Antwortmöglichkeiten waren möglich: Häufig, Gelegentlich, Selten, Nie, Weiß nicht. Für die nachfolgende Darstellung wurden die Antworten „Häufig, Gelegentlich, Selten“ zusammengefasst. Die Antwortkategorie „Weiß nicht“ kam einmal zu 9,1 % vor, ansonsten lagen sie zwischen 0,8 % und 6,8 %, die übrigen Angaben sind demnach „Nie“.
Etwa drei Viertel der Betroffenen wurden in Geschäften oder im Dienstleistungsbereich oder in der Öffentlichkeit diskriminiert, zwei von dreien im Arbeitsleben. (73 %). Mehr als die Hälfte der Betroffenen fühlte sich nach eigenen Angaben auch schon im Gesundheits- und Pflegebereich, in der Freizeit, bei Ämtern und Behörden (55 %), bei Versicherungen oder Banken im (55 %) und im privaten Bereich, also unter Familie und Freunden (54 %) diskriminiert. Andere Bereiche wurden weniger häufig genannt – unter Berücksichtigung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) aber immer noch zu oft.
Wenn man lediglich die Antwort „häufig“ heranzieht, dann steht die Diskriminierung im Arbeitsleben an erster Stelle (24,3 % der Betroffenen) und auf dem Wohnungsmarkt an zweiter Stelle (20,5 % der Betroffenen). Offensichtlich gibt es hier wiederholte Benachteiligungen aufgrund einer Behinderung oder chronischen Erkrankung.
Bei verschiedenen Dimensionen von Diskriminierungen waren die Antwortmöglichkeiten Ja, Nein, Weiß nicht. Nachfolgend werden die wesentlichen Ja-Antworten zusammengefasst.
Unter den materiellen Benachteiligungen berichtet mehr als die Hälfte (57 %) der Personen mit Diskriminierungserfahrung, dass ihr ein Antrag abgelehnt oder eine Leistung verwehrt wurde, die sie aus subjektiver Sicht hätte bekommen müssen. Ebenfalls mehr als die Hälfte (54 %) meint, dass ihre Leistungen vergleichsweise schlechter bewertet wurden und vier von zehn Betroffenen erhielten weniger Gehalt als andere bei vergleichbarer Tätigkeit (41,7 %). Rund 15 % der Betroffenen geben an, wegen des Diskriminierungsmerkmals gekündigt worden zu sein und dies trotz des besonderen Kündigungsschutzes von Menschen mit Behinderung.
Im Rahmen sozialer Herabwürdigung berichten fast zwei Drittel der Betroffenen von z.B. unangebrachten Fragen zum Privatleben (63,5 %) oder Ausgrenzung 63,5 %). Fast genauso viele waren Opfer abwertender Witze und Kommentare (59,8 %). Mehr als der Hälfte wurden Rechte aberkannt, die andere Personen haben (55,1 %). Sexualisierte Kommentare erlebten Frauen häufiger als Männer (+25,1 Prozentpunkte im Vergleich zu Männern).
Eine extreme Form von Diskriminierung stellen körperliche Übergriffe und Bedrohungen dar. Ein Viertel der Betroffenen wurde bereits körperlich bedroht (25,9 %). Fast genauso viele Befragte haben bereits körperliche sexualisierte Übergriffe wie z.B. ungewollte Berührungen erlebt (23,9 %). Auch hier waren Frauen häufiger betroffen. Jede/r neunte Befragte wurde schon einmal körperlich angegriffen (12 %).
Die Diskriminierung aufgrund von Behinderung oder chronischer Krankheit im Vergleich zu vor fünf Jahren hat für 71,3 % der Betroffenen zugenommen (Viel mehr verbreitet, Etwas mehr verbreitet, Etwas weniger verbreitet, Viel weniger verbreitet, Weiß nicht).
Außerdem schätzten die Befragten ganz allgemein (also nicht bezogen auf ihre persönlichen Erfahrungen) Diskriminierung in Deutschland ein (Trifft voll und ganz zu, Trifft eher zu, Trifft eher nicht zu, Trifft überhaupt nicht zu, Weiß nicht). Bei der wahrgenommenen gruppenbezogenen Diskriminierung von Menschen mit einer Behinderung oder chronischen Krankheit sind fast alle der Ansicht, dass diese Gruppe auf dem Arbeitsmarkt benachteiligt wird (93,3 %). Vier Fünftel sehen dies auch für den Wohnungsmarkt gegeben (79,6 %). Menschen mit Behinderung oder chronischen Krankheit werden normalerweise genauso mit Respekt behandelt wie andere, erleben nur 20,4 %. Zudem sind sie häufiger gezwungen, spezielle Bildungseinrichtungen zu besuchen (83,8 %). Die wahrgenommene gruppenbezogenen Diskriminierung von Menschen mit einer Behinderung oder chronischen Krankheit ist insgesamt (1.060 Befragte) weniger stark als bei den Betroffenen: Der größte Unterschied besteht bei der Frage nach der respektvollen Behandlung, den 43,3 % als gegeben sehen (Betroffene lediglich zu 20,4 %).
Rund 83 % aller Befragten (1.060) meinen, dass die bestehenden Gesetze gegen Diskriminierung besser durchgesetzt werden müssen.
Wenn man vom Aspekt der Barrierefreiheit absieht, ist dazu im KOALITIONSVERTRAG ZWISCHEN SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN UND FDP bezogen auf Menschen mit Behinderung nichts zu lesen. Diese Lücke sollte sehr bald geschlossen werden.