Im Jahr 2016 hat die frühere Bundesministerin Nahles das „Arbeitsmarktprogramm Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen“ angekündigt, welches der Bundestag dann mit Rechtswirkung zum 1.8.2016 beschlossen hat. Die Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen – FIM – sind formal ähnlich wie Arbeitsgelegenheiten nach dem SGB II oder Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) ausgestaltet, unterscheiden sich aber vor allem von der Zielsetzung her.
Im Folgenden werden die Ausgestaltung und Entwicklung der FIM dargestellt.
Zielgruppe
Für volljährige Leistungsberechtigte nach dem AsylbLG – mit Ausnahme von Asylbewerbern aus sicheren Herkunftsstaaten sowie von vollziehbar ausreisepflichtigen Personen – wurden zusätzliche Arbeitsgelegenheiten (keine Beschäftigungs- oder Arbeitsverhältnisse) aus Bundesmitteln geschaffen, sog. FIM. Von 2017 bis 2020 stellt der Bund dafür jährlich 300 Millionen Euro bereit.
Ziele
Ziele sind eine niedrigschwellige Heranführung an den deutschen Arbeitsmarkt sowie das Angebot einer sinnvollen und gemeinnützigen Betätigung während des Asylverfahrens (§ 5a AsylbLG).
Wer solche Arbeitsgelegenheiten nicht wahrnimmt (Teilnahmepflicht), kann Sanktionen (Leistungskürzungen) bekommen (§ 5a Abs. 2 bis 3 AsylbLG).
Umsetzung
Die konkreten Tätigkeiten wurden seit dem August 2016 bis 2020 durch Träger erbracht, die nach § 5a Abs. 5 AslylbLG von der Bundesagentur für Arbeit beauftragt werden. Die Teilnehmerzuweisung (§ 5a Abs. 1 Satz 1 AsylbLG) erfolgt durch die AsylbLG-Behörden, die auch die ggf. auch die Sanktionen verhängen.
Es besteht eine Pflicht zur Zusammenarbeit mit der Bundesagentur für Arbeit (§ 5a Abs. 4 AsylbLG). Die Regelung über die Heranziehung zu Arbeitsgelegenheiten nach § 5 AsylbLG wird auf die Gruppe der Leistungsberechtigten nach § 2 Abs. 1 AsylbLG erstreckt (§ 2 Abs. 1 AsylbLG).
Analog zu § 5 AsylbLG gilt:
- Teilnehmende bekommen 0,8€/Stunde (mehr mit Begründung)
- Regeln zur Zumutbarkeit
- Regeln zur Zusätzlichkeit (allerdings entscheidet hier die BA und nicht die Kommune; gilt nur für externe FIM)
- Laut Förderrichtlinie FIM:
- Unterscheidung von „internen“ (in Unterkünften) und „externen“ FIM
- Maßnahmekostenpauschale
- 85€ / TN-Monat Maßnahmepauschale („intern“)
- 250€ / TN-Monat Maßnahmepauschale („extern“)
Wird dem Asylantrag eines Teilnehmenden während der Dauer einer Flüchtlingsintegrationsmaßnahme stattgegeben, kann die Maßnahme bis zum Ende ihrer Laufzeit fortgesetzt werden, sofern weiterführende Integrationsmaßnahmen nicht zur Verfügung stehen und der Teilnehmende, der Maßnahmeträger oder das Jobcenter der Fortsetzung nicht widersprechen.
Ist die Teilnahme an einem Sprach- oder Integrationskurs vorgesehen, ist eine Kombination beider Maßnahmen möglich, soweit der Vorrang der Sprach- bzw. Integrationskurse gewährleistet bleibt.
Für die Geltendmachung sämtlicher Erstattungsansprüche gilt eine Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Beendigung der jeweiligen Maßnahme.
output
Insgesamt sind rund 40.000 Eintritte in FIM zu verzeichnen. Mehr als die Hälfte davon fällt auf das Jahr 2017. Danach sank die Zahl mit jedem Jahr. Zu beachten ist, dass FIM in 2016 nur vier Monate lang stattfinden konnten.
Eintritte 2016-2020 | Gesamt |
insgesamt | 39.442 |
interne FIM bei Träger von Aufnahmeeinrichtung | 10.038 |
interne FIM bei Träger vergleichbarer Einrichtung | 7.210 |
externe FIM | 21.994 |
Laut Richtlinie dürfen die „internen“ FIM maximal 25% der Gesamtzahl betragen. Diese Regelung wurde in keinem Jahr eingehalten. Der Anteil hat im Gegenteil mit der Zeit zugenommen. Im Jahr 2020 lag er bei 57 %.
Die Ausgaben beliefen sich insgesamt auf rund 34,5 Mio. Euro (linke Achse).
Die durchschnittlichen Kosten pro Eintritt lagen bei 873 Euro (rechte Achse in der Grafik).
Sowohl bei den Zahlen für die Eintitte als auch für die Kosten gibt es regional sehr starke Streuungen.
Zielerreichung
Der Umfang des Programms ist in verschiedenen Dokumenten unterschiedlich beziffert.
- Eine der ersten Pressemitteilungen zum Programm erweckte den Anschein, dass 100.000 Personen bis 2020 gefördert werden sollten. Das wären rund 12.500 Asylbewerber pro Jahr.
- Laut FAQ-Liste zum Programm (http://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/Thema-Arbeitsmarkt/faq-arbeitsmarktprogram-fim.pdf?__blob=publicationFile&v=5) will der Bund jährlich 100.000 Plätze fördern. Da Teilnehmende maximal sechs Monate gefördert werden können, würden demnach jährlich 200.000 Personen gefördert werden. Im Unterschied dazu werden die Plätze bis zu 12 Monate bewilligt.
- Nach der Programm-Richtlinie (http://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/Thema-Arbeitsmarkt/richtlinie-fluechtlingsintegrationsmassnahmen.pdf?__blob=publicationFile&v=2) werden jährlich 100.000 Leistungsberechtigte gefördert, was dann 50.000 Plätze erforderlich machen würde.
Im Vergleich dazu sind rund 40.000 Eintritte weit weg von der Planung des Programms. Statt den jährlichen 300 Mio. Euro wurden insgesamt nur 34,5 Mio. Euro eingesetzt.
Fazit: FIM sind ein Beispiel für eine Fehleinschätzung. Die Haushaltsmittel hätten alternativ für Arbeitsgelegenheiten nach dem SGB II oder dem Asylbewerberleistungsgesetz (vgl. hier) verwendet werden können.