Benachteiligung von arbeitsuchenden Frauen auf dem Arbeitsmarkt
Frauen sind allgemein auf dem Arbeitsmarkt in verschiedener Hinsicht benachteiligt (u.a Bezahlung, Vereinbarkeit Familie und Beruf, Karrierechancen). Kommen noch bestimmte Merkmale wie Migrationshintergrund, Alleinerziehen oder Langzeitarbeitslosigkeit hinzu, so erhöhen sich die Eintrittsbarrieren zusätzlich und die Risiken kumulieren. Für Berufsrückkehrerinnen kommen noch Sonder-Effekte dazu, da sie ihre frühere Berufsposition in der Regel kaum mehr erreichen können. Genannt werden immer wieder Kinder als Hemmnis. Wie wirken sich Kinder auf den Berufsabschluss bei arbeitsuchenden Frauen mit Schulabschluss aus? Dieser Frage soll hier anhand einer Projektevaluation nachgegangen werden.
Beratungszentrum Frau und Beruf – Fabé
Für solch Betroffene haben Träger in Baden-Würtemberg das Projekt „Beratungszentrum Frau und Beruf – Fabé“ (s. Evaluation Beratungszentrum Frau und Beruf) durchgeführt mit den Zielen der Erhöhung des Anteils der Frauen mit Berufsausbildung und der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung.
Zu den Zielgruppen gehörten vor allem
- Migrantinnen, darunter vor allem jene ohne Anerkennung eines im Ausland erworbenen Berufsabschlusses
- Berufsrückkehrerinnen gem. § 20 SGB III bzw. Wiedereinsteigerinnen
- Arbeitslose nach §§ 16 SGB III, 18 SGB III
- Arbeitssuchende Frauen mit und ohne Leistungsansprüche aus dem SGB II
- Frauen in geringfügiger Beschäftigung
Der Zugang zu den Teilnehmerinnen erfolgte auf verschiedenen Wegen. Vorrangig wiesen die Jobcenter und Arbeitsagenturen den Frauen den Zugang in das Projekt. Dazu kamen weitere Institutionen und Einrichtungen in öffentlicher und gemeinnütziger Verantwortung:
Das Vorhaben Fabé – durchgeführt 2012 bis 2014 – bezog sich auf die Landkreise Heilbronn, Karlsruhe, den Enzkreis sowie die Großstädte Pforzheim und Heilbronn. Das Projekt ist anschließend fortgesetzt worden und läuft noch weiter bis 2017.
Für den Zeitraum 2012 bis 2014 wurde das Projekt extern evaluiert. Aus dieser Zeit werden hier die Daten des Monitorings für die Fragestellung nochmals ausgewertet.
Wie wirken sich Kinder auf den Berufsabschluss bei arbeitsuchenden Frauen mit Schulabschluss aus?
Es liegen Datensätze für 976 Maßnahmeeintritte vor. Die Eintritte fanden im Zeitraum vom April 2012 bis Anfang November 2014 statt. Es steht hier eine Vollerhebung zur Verfügung.
Über einen Schulabschluss verfügen 71,1% der Teilnehmerinnen. Ein erheblicher Anteil der Frauen besitzt keinen in Deutschland anerkannten Schulabschluss, mehr als ein Viertel unter den Eintritten. Rund 30% verfügen über einen Hauptschulabschluss, ein weiteres Viertel (24,9%) über einen mittleren Abschluss. Die Hochschulreife besitzen 15,8%.
Höchster in Deutschland anerkannter Schulabschluss |
||
---|---|---|
Schulabschluss |
Häufigkeit |
Gültige Prozente |
kein Hauptschulabschluss |
150 |
28,9 |
Hauptschule |
158 |
30,44 |
Mittlerer Abschluss |
129 |
24,86 |
(Fach-) Hochschulreife auf dem 1. Bildungsweg |
71 |
13,68 |
(Fach-) Hochschulreife auf dem 2. Bildungsweg |
11 |
2,12 |
Fehlende Werte (Kurzberatungsfälle) |
475 |
|
Total |
976 |
100 |
Tabelle 1: Höchster in Deutschland anerkannter Schulabschluss
Mehr als die Hälfte (55,9%) der Frauen ist ohne Berufsabschluss. Über eine Ausbildung (betrieblich, schulisch, Berufsfachschule, Technikerausbildung, Fachschule u.ä.) verfügt ein Drittel (34%)%. Rund 5% besitzen einen Hochschulabschluss. Einige wenige sind Meisterin (6 Eintritte) oder promoviert (1).
Obgleich 71,1% einen Schulabschluss besitzen, haben nur 44,12% eine abgeschlossene Berufsausbildung oder ein Studium. Die Differenz von rund 26,98 Prozentpunkten zeigt die Schwelle beim Übergang von der Schule zum Beruf an. Nur jede Vierte, die über die Hochschulzugangsberechtigung verfügt, besitzt einen Hochschulabschluss.
Höchster in Deutschland anerkannter Berufsabschluss |
||
---|---|---|
Berufsabschluss |
Häufigkeit |
Gültige Prozente |
Kein Berufsabschluss |
304 |
55,88 |
betriebliche / schulische Ausbildung, Berufsfachschule, Technikerausbildung |
158 |
34,01 |
sonstiger Abschluss, der einer Lehre oder Fachschulausbildung vergleichbar ist |
26 |
4,7 |
Meisterabschluss |
6 |
1,1 |
(Fach)Hochschulabschluss |
22 |
4,04 |
Promotion / Habilitation |
1 |
0,18 |
Fehlende Werte (Kurzberatungsfälle) |
432 |
|
Total |
976 |
100,0 |
Tabelle 2: Höchster in Deutschland anerkannter Berufsabschluss
Es ist nun anzunehmen, dass die Differenz von ca. 27%-Punkten mit ihren Kindern zusammenhängt. Diese Annahme begründet sich aus den gut erforschten Schwierigkeiten der Vereinbarkeit von Familie und Beruf bei Frauen.
Um die Frage zu klären, wie sich Kinder auf den Berufsabschluss von Teilnehmerinnen mit Schulabschluss auswirken, als am Übergang von der Schule zur Ausbildung, wurden im nächsten Schritt Teilnehmerinnen, die über keinen Schulabschluss verfügten oder von denen die Angaben fehlten, von den Daten ausgeschlossen. Übrig bleiben 369 Datensätze. Die Variable Berufsabschluss wurde dichotomisiert.
Die Durchführung statistischer Tests bringt folgende Ergebnisse.
Zwischen der Anzahl der Kinder (von keinem Kind bis zu fünf Kinder) und dem Berufsabschluss besteht ein signifikanter Zusammenhang (p = 0,006). Teilnehmerinnen ohne Berufsabschluss haben im Durchschnitt 1,51 Kinder, während die Frauen mit Berufsabschluss eine Kinderzahl von 1,18 haben. Eine höhere Kinderzahl erhöht die Wahrscheinlichkeit trotz Schulabschluss keinen Berufsabschluss zu haben. Vergleicht man Frauen ohne Kind mit Müttern (unabhängig von deren Kinderzahl), dann ergibt sich ebenfalls ein signifikanter Zusammenhang (p = 0,044). Eine logistische Regression zeit, dass die Chance auf einen Berufsabschluss bei Teilnehmerinnen mit ein Kind oder mehreren Kindern um 51 Einheiten niedriger liegt als bei Teilnehmerinnen ohne Kind (p = 0,053).
Das Alter der Kinder ist nicht signifikant bezogen auf den Berufsabschluss.
Dagegen ist das Alter der Frau signifikant (p = 0,000). Frauen ohne Berufsabschluss sind im Mittel 34,53 Jahre alt. Teilnehmerinnen mit Berufsabschluss sind rund sechs Jahre älter, und zwar 40,75 Jahre im Durchschnitt. Dies mag damit zu tun haben, dass die Kinder bei den älteren Frauen nicht mehr so häufig im betreuungsintensiven Alter sind und so eher ein Berufsabschluss erreicht werden kann.
Einen Zusammenhang besteht außerdem bei Frauen mit Migrationshintergrund. Sie haben ebenfalls eine höhere Wahrscheinlichkeit keinen Berufsabschluss zu haben. Das kann mit der Migration oder mit den Anerkennungsverfahren von im Ausland erworbenen Berufsabschlüssen zusammenhängen.
Rechnet man die Teilnehmerinnen mit Migrationshintergrund heraus, sind die vorgenannten Variablen weiterhin signifikant.
Teilnehmerinnen ohne Berufsabschluss (und ohne Migrationshintergrund) haben im Durchschnitt 1,64 Kinder, während die Frauen mit Berufsabschluss eine Kinderzahl von 1,09 haben (p = 0,005). Vergleicht man Frauen ohne Kind mit Müttern, dann ergibt sich ebenfalls ein signifikanter Zusammenhang (p = 0,014).
Frauen ohne Berufsabschluss sind im Mittel 34,3 Jahre alt. Teilnehmerinnen mit Berufsabschluss sind rund acht Jahre älter, und zwar 42,33 Jahre im Durchschnitt.
Fazit
Die Auswertung der vorliegenden Daten gibt Hinweise darauf, dass arbeitssuchende Mütter mit einem Schulabschluss eine geringere Wahrscheinlichkeit auf einen Berufsabschluss haben als Frauen ohne Kind. Vermutlich gibt es hier ein Kinder-bezogenes Problem.
Als Handlungsmöglichkeiten bietet sich zum einen eine nachholende Ausbildung in einem höheren Alter der Frau an, wenn z.B. die Betreuungsintensität der Kindern abgenommen hat, sowie eine frühzeitige Unterstützung bei der Kinderbetreuung, damit ein Berufsabschluss so früh wie möglich erreicht werden kann.