Welche Parteien wählen Arbeitslose?

Mehrere Studien haben einen signifikanten Zusammenhang zwischen Arbeitslosigkeit und Wahlverhalten in Deutschland aufgezeigt. So besteht ein starker negativer Zusammenhang zwischen der Arbeitslosenquote und der Wahlbeteiligung. In Gebieten mit höherer Arbeitslosigkeit ist die Wahlbeteiligung deutlich geringer. Dies ist ein Hinweis auf soziale Spaltung und Ausschluss von Arbeitslosen von der politischen Partizipation. Dies kann zu einer Unterrepräsentation ihrer Interessen im politischen Prozess führen und das Vertrauen in die Demokratie schwächen (vgl. auch Bekämpfung von Arbeitslosigkeit: Wichtigkeit und Beurteilung der Arbeit der Bundesregierung).

Aber welche Parteien wählen Arbeitslose?

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Das ist weniger gut erforscht. Typische Umfragen in Deutschland erheben Daten bei 1.000 bis 1.500 Personen. Diese werden oft „repräsentativ“ genannt, wonach sie die Bevölkerungsstruktur abbilden würden. Bei einer Arbeitslosenquote von beispielsweise 6 Prozent, wären 60 Arbeitslose von 1000 Befragten in einer Wahl- oder Bevölkerungsumfrage zu erwarten. Da sich die Arbeitslosigkeit nur auf Personen im erwerbsfähigen Alter bezieht (grob 15 bis 65 Jahre), sind in einer Wahl- oder Bevölkerungsumfrage mit 1.000 Befragten noch weniger als 60 zu erwarten, da in der Umfrage auch Personen im Rentenalter erfasst werden. Für Aussagen zur Bundestagswahl müssten dann noch ausländische Staatsangehörige ohne Wahlberechtigung unter den Arbeitslosen ausgeschlossen werden.

Aus einer Befragung, die schließlich rund 50 Personen umfasst, lassen sich aufgrund der kleinen Größe keine Analysen für Subgruppen erstellen. Man könnte weder nach Merkmalen wie Ost- und Westdeutschland, Stadt-/Land, nach Parteien oder Geschlecht auswerten.
Hier ein Beispiel mit Daten einer Umfrage (Presse- und Informationsamt der Bundesregierung, Berlin (2024). Zukunft der Arbeit (Juni 2023). GESIS, Köln. ZA8718 Datenfile Version 1.0.0, https://doi.org/10.4232/1.14222). Dafür wurden 1.015 Personen befragt. Eingeschlossen waren rund 34 Arbeitslose (einschließlich sog. 1-Euro-Jobber, Teilnehmende von Arbeitsgelegenheiten gemäß SGB II). Gefragt wurde unter anderem „Welche Partei ist Ihnen derzeit am sympathischsten?“ Damit ist es unerheblich, ob die Befragen wählen gehen oder nicht. Die Parteipräferenzen der Arbeitslosen zeigt das Diagramm (absolute Zahlen gewichtet; eigene Berechnung).

Zahl der Arbeitslosen nach Parteipräferenz Juni 2023; eigene Berechnungen

Um mehr darüber zu erfahren, welche Parteien Arbeitslose in Deutschland wählen oder wählen würden, müsste die Stichprobe deutlich größer sein. Dieser Aufwand mehrere Tausend Personen zu befragen, wird in der Regel nicht gemacht (allenfalls für Umfragen zu Bundestagswahlen am Wahltag, weil hier die Genauigkeit der Prognosen wichtig ist).

Und so bleiben Arbeitslose bei diesem und vielen anderen Themen in Bevölkerungsumfragen unsichtbar. Denn es lassen sich nicht nur zu Wahlen kaum Aussagen treffen, sondern zu allen anderen Themen (z. B. Klimawandel, Sozialstaat, Flüchtlinge, Bürgergeld, Wirtschaft usw.) in Bevölkerungsumfragen gleichfalls nicht.

Die Datenlage könnte z. B. durch gezielte „Überrepräsentierung“ von Arbeitslosen in Umfragen verbessert werden. Dadurch würde man besser ihre Einstellungen kennen.

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