Lehren für die Beschäftigungsförderung nach 5 Jahren Corona-Pandemie

Die Corona-Pandemie hat den Arbeitsmarkt und die Beschäftigungsförderung vor beispiellose Herausforderungen gestellt. Fünf Jahre nach Ausbruch der Krise ist Anlass Bilanz zu ziehen und die wichtigsten Lehren für die Zukunft der Arbeitswelt betrachten.

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Kurzarbeit als Krisenpuffer

Die Ausweitung des Kurzarbeitergeldes erwies sich als effektives Instrument zur Stabilisierung des Arbeitsmarktes (Kurzarbeit – Zunahme nicht nur wegen Corona). Laut Statistik der Bundesagentur für Arbeit erreichte die Kurzarbeit im April 2020 mit rund 6 Millionen Beschäftigten ihren Höhepunkt. Diese Maßnahme verhinderte einen drastischeren Anstieg der Arbeitslosigkeit (Corona-Pandemie verschärft Arbeitslosigkeit bei fehlendem Berufsabschluss). Allerdings ist im Rechtskreis SGB III die Abgangsrate von Arbeitslosen in Erwerbstätigkeit nicht mehr auf das Niveau vor der Pandemie zurückgekehrt (Dynamik der Arbeitsmarktintegration: Eine Zeitrei­hen-Analyse der Abgangsraten aus Arbeitslosig­keit für den Rechtskreis SGB III ).

Digitalisierungsschub und neue Arbeitsformen

Auch war der Erwerb von digitalen Kompetenzen um online-Lösungen zu praktizieren, sowohl bei Personal der Arbeitsverwaltung als auch bei Trägern wie auch bei Leistungsberechtigten vor der Pandemie nicht im nötigen Maße gefördert worden, sodass hier sehr schnell Grenzen sichtbar wurden (Hammer, A.: Digitale Kompetenzen von Arbeitslosen und ihre Feststellung. In: Beck, Henkes, Terry (Hrsg.) 2024: Moderne Verwaltung und ihre gesellschaftliche Entwicklung – Interdisziplinäre Perspektiven für angewandte Lehre, Weiterbildung und Forschung, S. 315-328. Baden-Baden). Die Pandemie beschleunigte den digitalen Wandel in der Arbeitswelt. Homeoffice und Videokonferenzen wurden zur Norm. Eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zeigt, dass der Anteil der Beschäftigten im Homeoffice von 4% vor der Pandemie auf zeitweise über 30% anstieg. Diese Entwicklung erfordert neue Ansätze in der Beschäftigungsförderung, insbesondere im Bereich der digitalen Kompetenzentwicklung.

Flexibilisierung des Vergaberechts

Die Krise offenbarte die Starrheit des Vergaberechts in Notsituationen. Dies gilt z. B. auch für die Umsetzung vom Maßnahmen der Arbeitsverwaltung während des Lockdowns (Maßnahmenentwicklung während der Corona-Pandemie). Man ist hier auf andere Umgehungslösungen ausgewichen, z. B. durch Umstellung von Präsenz- auf Online- oder Telefonkontakte (Corona und Umgang mit arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen). Für zukünftige Krisen ist eine Anpassung notwendig, um schneller auf Bedarfe reagieren zu können. Ein möglicher Ansatz wäre die Einführung von Notfallklauseln für beschleunigte Verfahren bei der Vergabe arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen.

Soziale Sicherung in der Krise

Für Personen, die ihr Einkommen verloren hatten und nicht in der Arbeitslosenversicherung Ersatzleistungen bekommen konnten (Minijober, und Selbständige; Corona-Auswirkungen wirken stärker auf Erwerbstätigkeit als Arbeitslosenzahlen zeigen), musste das Verfahren für den Zugang zu sozialer Sicherung vereinfacht werden. Der vereinfachte Zugang zu Grundsicherungsleistungen war eine wichtige Lehre aus der Pandemie. Diese Erfahrungen sollten genutzt werden, um langfristig ein flexibleres und krisenfesteres System der sozialen Sicherung zu entwickeln.

Psychische Gesundheit am Arbeitsplatz

Die psychischen Belastungen durch Isolation und Unsicherheit während der Pandemie unterstreichen die Notwendigkeit, psychische Gesundheit stärker in den Fokus der Arbeitsmarktpolitik zu rücken. Präventive Maßnahmen, Teilhabe- und Unterstützungsangebote sollten ausgebaut werden.

Stärkung der kritischen Infrastruktur

Mehr oder weniger unfreiwillig musste eine Diskussion geführt und Entscheidungen herbei geführt werden, was systemrelevant war und was zu einer kritischen Infrastruktur gehört (und deshalb als Einrichtung und Geschäft geöffnet bleiben konnte). Um den Zusammenbruch der Sozialwirtschaft (Pflege, Kita, Beschäftigungsträger usw.) zu verhindern bzw. ein Minimum an sozialen Dienstleistungen aufrechtzuerhalten, wurde das Sozialdienstleistereinsatz-Gesetzes (SodEG) befristet eingeführt. Damit wurde eine völlig neue Form der öffentlichen Förderung von Einrichtungen und Träger eingeführt und ihnen eine Kompensationszahlung für ihren Einsatz in der Pandemie gewährt (Umfrage-Ergebnisse zum Sozialdienstleister-Einsatzgesetz).

Dieses Gesetz kann als eine intelligente Lösung gesehen werden, die grundsätzlich – also unabhängig von einer Pandemie – als Sicherstellung einer kritischen Infrastruktur ohne Gewinnerzielungsabsicht genutzt werden könnte. Es bietet Ansatzpunkte für ein dauerhaftes Modell zur Stärkung der kritischen sozialen Infrastruktur.

Fazit und Ausblick

Die Corona-Pandemie hat die Notwendigkeit einer krisenfesten und flexiblen Beschäftigungsförderung deutlich gemacht. Zentrale Lehren sind:

1. Stärkung der digitalen Kompetenzen in allen Bereichen der Arbeitswelt im besonderen und von beruflicher Bildung im allgemeinen

2. Flexibilisierung des Vergaberechts für Krisenzeiten

3. Weiterentwicklung der sozialen Sicherungssysteme

4. Integration von Homeoffice und flexiblen Arbeitsmodellen in die Regelstrukturen sowie Ausbau der Kinderbetreuung

5. Verstärkte Berücksichtigung der psychischen Gesundheit in der Arbeitsmarktpolitik

6. Verankerung sozialpolitischer Ansprüche sowie Gewährleistung einer sozialen Demokratie in Krisen

Um für zukünftige Krisen gewappnet zu sein, müssen diese Erkenntnisse in konkrete politische Maßnahmen umgesetzt werden. So kann eine resiliente und zukunftsfähige Beschäftigungsförderung besser gewährleistet werden.

Meine Beiträge zur Pandemie

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