Wiedereingliederung von Arbeitslosen – das ist das Interesse der Beteiligten am Arbeitsmarkt. Ein Indikator wie gut das gelingt, stellt die Abgangsrate aus Arbeitslosigkeit in Erwerbstätigkeit dar. Die Abgangsrate drückt sogleich Chancen für Arbeitslose dar, Arbeitslosigkeit durch Erwerbstätigkeit zu überwinden. Der Beitrag untersucht mit einer Zeitreihen-Analyse die Abgangsraten für die Rechtskreise SGB II und SGB III und zeigt saisonale Muster sowie den Langzeittrend. Die Trends unterscheiden sich nach Rechtskreis deutlich.
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Im folgenden wird nur der Vergleich der Abgangsraten der Rechtskreise SGB II und SGB III dargestellt. In der Langfassung werden die beiden Rechtskreise ausführlich behandelt.
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Zunächst ist im langjährigen Vergleichder beiden Abgangsraten der Niveauunterschied deutlich: die Abgangsrate ist im SGB III etwa 3,5 mal so hoch als im SGB II (14,4 Prozent zu 4,1 Prozent). Dies ist sicherlich durch eine längere Dauer der Arbeitslosigkeit und ähnlichen Faktoren bei den Arbeitslosen im SGB II zu erklären.
Entwicklung: Die Abgangsrate im SGB II ist seit 2010 fallend. Im SGB IIIist sie bis zur Corona-Pandemie mehr oder weniger stabil um danach deutlich zu sinken, um nicht mehr auf die Vor-Pandemie-Werte zurückzukehren.
Es scheint der Rechtskreis SGB III konjunkturreagibler zu sein (Eurokrise, Pandemie, Ukraine-Krieg, Saisonalitäten) zu sein als der Rechtskreis SGB II.
Saisonalitäten
Unterschiede zeigen sich auch in den Saisonalitäten. So ist im SGB II abweichend vom SGB III keine Frühjahrsbelebung erkennbar. Es stellt sich somit die Frage, weshalb die Arbeitslosen im SGB II nicht von der Frühjahrsbelebung profitieren können wie die Arbeitslosen im SGB III, zumal die Herbstbelebung auch im SGB II zu wirken scheint.
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Einflussfaktoren
Für das SGB II scheint ein plausibler Faktor zu Erklärung des sinkenden Trends der Abgangsrate im zunehmenden Anteil von nichtdeutschen Arbeitslosen zu liegen. Andere externe Einflüsse – neben der Pandemie – wie z. B. Änderung der Regeln zur Sanktion, Erwerbsanreize, Änderung der Förderinstrumente usw. im SGB II – wurden nicht offensichtlich.
Im SGB III wird die Corona-Pandemie den größten Einfluss im Zeitverlauf haben.
Fazit und Ausblick
Die Abgangsraten sind ein wichtiger Indikator für die Chancen von Arbeitslosen ihre Arbeitslosigkeit zu beenden.
Seit 2010 zeigt sich ein langfristiger Abwärtstrend der Abgangsraten im SGB II. In den Jahren 2007 bis 2010 lagen Abgangsraten bei über 6 Prozent. Seit 2023 hat sich diese Rate jedoch halbiert und liegt nun unter 3 Prozent. Dies deutet auf eine Verschlechterung der Arbeitsmarktchancen der Arbeitslosen im SGB II hin. Die bisher ergriffenen typischen Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsmarktchancen von Arbeitslosen im SGB II, wie z. B. die Schaffung von stärkeren Anreizen zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, eine intensivere Betreuung u. ä., waren offensichtlich nicht wirksam genug, um den Trend umzukehren.
Offen ist, warum im SGB II die Frühjahrsbelebung im Unterschied zur Herbstbelebung nicht zu höheren Abgangsraten führt. Hier liegt möglicherweise noch ein Integrationspotenzial.
Im Beobachtungszeitraum 2007 bis 2024 zeigt sich für den Rechtskreis SGB III durchgängig das saisonale Muster von Frühjahrs- und Herbstbelebung mit höheren Abgangsraten aus Arbeitslosigkeit in Erwerbstätigkeit. Die Abgangsrate zwischen 2015 und 2019 war von saisonalen Schwankungen abgesehen mehr oder weniger stabil, trotz Zuwanderung in 2015 und Folgejahre. Eine leicht sinkende Arbeitslosenquote SGB III in diesem Zeitraum führt nicht zu steigenden Abgangsraten. Der deutliche Rückgang der Abgangsrate im SGB III seit 2020 ist vermutlich durch die Corona-Pandemie und die Folgen des Ukraine-Krieges gut erklärbar. Auch als die Abgangsrate wieder ansteigt, wird das Vorkrisen-Niveau im Mittel nicht wieder erreicht. Es scheint sich hier möglicherweise ein Strukturbuch in den Daten zu zeigen. Sollte die Arbeitslosenquote SGB III weiter bzw. schneller steigen könnten die Abgangsraten aus Arbeitslosigkeit SGB III in Erwerbstätigkeit wieder sinken. Im letzten Fall wären verstärkt Maßnahmen wie Investitionen gegen eine strukturelle Arbeitslosigkeit zu greifen.
Wichtig wäre die negativen Einflussfaktoren auf den Abwärtstrend zu identifizieren. Dabei geht es nicht nur um einen besseren Mitteleinsatz, sondern auch um die Verbesserung der Arbeitsmarktchancen von Arbeitslosen.