Zugang in Arbeitslosigkeit nach Herkunftsstruktur

Die Arbeitskräfte-Gesamtrechnung für die registrierten Arbeitslosen zeigt, dass eine große Zahl von Arbeitslosen vor der Arbeitslosigkeit nicht berufstätig (ohne Ausbildung) war, sondern aus dem Bereich der Nichterwerbstätigen kommt.

1970 bis 1999

Der Anteil der vorher Nichterwerbstätigen betrug 1970 um die 9 Prozent und der Anteil der vorher erwerbstätigen Arbeitslosen lag bei fast 90 Prozent. Im Zeitraum von 1970 bis 1995 hat sich die Zahl der Arbeitslosen, die direkt davor beschäftigt waren, etwas mehr als verdoppelt. Die Zugänge in Arbeitslosigkeit aus Nichterwerbstätigkeit stieg um das Siebzehnfache. 1999 ist der Anteil der vorher erwerbstätigen Arbeitslosen auf unter 50 Prozent gefallen. Entsprechend stieg der Anteil der vorher Nichterwerbstätigen (Harald Mattfeld (Arbeitsmarkt und realwirtschaftliche Entwicklung, in: Heseler u.a. 2002: Gegen die Marktorthodoxie, S. 59). Hierbei hatte der Erwerbsquoteneffekt (Anteil der Erwerbspersonen an der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter) großen Einfluss.

2007 bis 2021

Mit der Einführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II; sog. Hartz IV, künftig „Bürgergeld“) ist die statistische Definition von Arbeitslosigkeit erneut, wiederholt und deutlich verändert worden.

Seit 2007 liegt der Anteil der Arbeitslosen, die zuvor erwerbstätig waren, stets unter 45 Prozent. Dieser Anteil hat sich nach der Großen Rezession auf unter 40 Prozent reduziert, um in der SARS-CoV-2-Pandemie (Entlassungen vor allem von Minijob-Beschäftigten) wieder anzusteigen.

Quelle der Daten: IAB; eigene Darstellung

Der Anteil der zuvor Nichterwerbstätigen lag im Zeitraum zwischen 2007 und 2021 immer über 24 Prozent, mit einem Höchststand von rund 34 Prozent im Jahr 2014. Fast zwei Drittel von ihnen (64,4 Prozent) waren davor arbeitsunfähig. Der Spitzenwert wurde 2013 mit ca. 71,4 Prozent erreicht. Hier ist mehr gesundheitliche Prävention und Gesundheitsförderung angezeigt und weniger die Unterstellung fehlender Motivation und Konzessionsbereitschaft. Ein weiterer relevanter Anteil (im Mittel 29 Prozent) unter den zuvor Nicht-Erwerbstätigen war für den Arbeitsmarkt nicht verfügbar. Dieser Anteil ist sicherlich durch die unzureichende Infrastruktur für Kinderbetreuung und Pflege von Angehörigen bestimmt.

Wie in der 1970er bis 1990er Jahren, so hat die Erwerbsquote, eine bevölkerungsbedingte Größe, zwischen 2007 und 2019 weiterhin Einfluss: je größer die Erwerbsquote, um so größer ist der Anteil der Arbeitslosen, die zuvor nicht erwerbstätig waren bzw. umso geringer ist der Anteil der Arbeitslosen, die zuvor erwerbstätig waren.

Quelle der Daten: Statistisches Bundesamt, IAB; eigene Darstellung; 2007-2019

Zusammenfassung

Seit vielen Jahren ist mehr als die Hälfte der Arbeitslosen zuvor nicht beschäftigt gewesen. Dieser Sachverhalt verdient beim Umgang mit Arbeitslosen und bei der Weiterentwicklung des SGB III und des SGB II größere Betrachtung. Dabei und bei den Strategien zum Abbau der Arbeitslosigkeit sollte besonders berücksichtigt werden, dass der Zugang in Arbeitslosigkeit auch durch die bevölkerungsabhängige Erwerbsquote beeinflusst wird.

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