Die Armut ist in Deutschland dauerhaft hoch (siehe hier): Im Jahr 2022 waren 16,7 Prozent der Bevölkerung arm bzw. gelten als armutsgefährdet (zur Definition siehe methodische Hinweise unten). Besonders betroffen sind darunter die Alleinerziehenden. Für sie beträgt die Quote 42,9 Prozent, das entspricht dem 2,6fachen des deutschlandweiten Anteils.
Wie stellt sich die Armut in den Bundesländern dar?
Zwischen den Bundesländern zeigen sich gemessen am Bundesmedian allerdings große Unterschiede.
Die niedrigsten Armutsquoten gab es in Bayern (12,7 %) und Baden-Württemberg (13,6 %), aber auch Brandenburg und Sachsen liegen unter dem Bundesdurchschnitt. Alle anderen Bundesländer liegen darüber. Die höchsten Armutsquoten finden sich in Bremen (28,4 %) und Nordrhein-Westfalen (19,5 %). Ein eindeutiges Ost-West-Gefälle, wie es teilweise mit den in Ostdeutschland geringeren Lebenshaltungskosten angenommen wird, gibt es demnach nicht. Bremens Quote ist mehr als doppelt so hoch als die in Bayern. Und es gibt vermutlich auch kein Nord-Süd-Gefälle.
Bei den Alleinerziehenden sind wieder die vier Bundesländer Bayern (32,5 %), Baden-Württemberg (37,1 %), Brandenburg (37,0 %) und Sachsen (42,7 %; und zusätzlich Berlin mit 38,8 %) unter dem Bundesdurchschnitt. Die höchsten Armutsquoten für Alleinerziehende finden sich in Bremen (60,6 %) und dem Saarland (53,4 %). Danach folgt Sachsen-Anhalt mit 51,9 %. Ein eindeutiges Ost-West-Gefälle gibt es hier gleichfalls nicht. Auch hier ist der hohe Bremer Wert, vor allem im Vergeblich zu Bayern auffällig.
Erwähnenswert ist weiter, dass in den Stadtstaaten Bremen, Hamburg und Berlin der relative Unterschied zwischen der Armutsquote der Gesamtbevölkerung und der Alleinerziehenden am geringsten ist: in Bremen ist die Armutsquote für Alleinerziehende 2,1fach so hoch wie die Quote insgesamt. Anders ist es beispielsweise im Saarland, hier ist die Quote für Alleinerziehende 2,8fach so hoch. Aber auch Baden-Württemberg zeigt einen großen Unterschied (2,7fache Betroffenheit der Alleinerziehenden).
Die regionalen Unterschiede sind sicherlich vom Arbeitsmarkt beeinflusst. Die erklärt vermutlich aber nicht die unterschiedlichen Spannweiten der Armutsquote für die Gesamtbevölkerung von 15,7 % und der deutlich höheren für Alleinerziehende von 28,1 %. Warum gelingt es z. B. Baden-Württemberg weniger gut die Armut von Alleinerziehenden zu deckeln? Es ist davon ausgehen, dass die Zusammensetzung der Alleinerziehenden im Sozialleistungsbezug sich von arbeitsmarktrelevanten Merkmalen (z. B. Bildungsniveau) und der Kinderbetreuungssituation von denen in Bremen unterscheidet. Das erfordert unterschiedliche Förder-Strategien beispielsweise der Arbeitsverwaltung in den Bundesländern bei der Überwindung von Armut durch Erwerbseinkommen.
Insgesamt muss festgehalten werden, dass zentrale politische Reformen der letzten 15 Jahre – Reform des Unterhaltsrechts, Einführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende u. a. m. – oder eine gute Konjunktur nicht zu einem substanziellen Rückgang im Armutsrisiko alleinerziehender Mütter oder in der Gesamtbevölkerung geführt haben (siehe auch). Offensichtlich braucht es andere Interventionen und Strategien zum Abbau von Armut.
Methodische Hinweise:
Als armutsgefährdet gilt eine Person, deren Nettoäquivalenzeinkommen weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens (Median) der Bevölkerung beträgt. Das Nettoäquivalenzeinkommen ist ein auf der Basis des Haushaltsnettoeinkommens berechnetes bedarfsgewichtetes Pro-Kopf-Einkommen je Haushaltsmitglied. Es wird entsprechend der modifizierten OECD-Skala berechnet.
Bei den Daten handelt es sich um Erstergebnisse des Mikrozensus 2022 gemessen am Bundesmedian (die Daten nach dem Landesmedian sind noch nicht veröffentlicht).
Als Alleinerziehenden-Haushalte gelten hier Haushalte, in denen eine erwachsene Person mit mindestens einer minderjährigen Person zusammenlebt.