500 Jahre Deutscher Bauernkrieg: Von historischen Kämpfen zu aktuellen Wohnungsfragen

Regenbogenfahne von 1525

Die Zwölf Artikel von Memmingen und ihre Bedeutung

Im Februar 1525 formulierten aufständische Bauern die 12 Memminger Artikel, die als Grundlage des Deutschen Bauernkriegs gelten. Diese Forderungen umfassten unter anderem:

  1. Freie Pfarrerwahl
  2. Abschaffung des Kleinzehnten, kirchliche oder gemeinnützige Verwendung der Großzehnten
  3. Aufhebung der Leibeigenschaft
  4. Freie Jagd und Fischerei
  5. Rückgabe der Wälder
  6. Reduzierung der Frondienste
  7. Einhaltung bestehender Besitzbedingungen
  8. Neufestsetzung der Abgaben an den Grundherren
  9. Feste statt willkürlicher Strafen
  10. Rückgabe der Allmenden
  11. Abschaffung des Todfalls
  12. Bereitschaft zum Verzicht auf Forderungen, die dem Wort Gottes widersprechen

Verbreitet war der Aufstand – die Bundschuh-Bewegung – auch in meiner Heimat, in der Joß Fritz aus Untergrombach wohl die bekannteste Person war.

Bundschuhfahne, 1537

Historischer Kontext und globale Parallelen

Ausgangspunkt dieser Forderungen war das vom Adel zunehmend missachtete „Alte Recht„, ein mündlich überliefertes Rechtssystem. Seit Jahrhunderten bestehende Allmenden wurden enteignet und gemeinschaftliche Weide-, Holzschlag-, Fischerei- oder Jagdrechte beschnitten oder abgeschafft. Gemeindeland wurde durch das “Recht des Stärkeren” (Adel) privatisiert.
Die Allemendeflächen (Wälder, Gewässer) waren die Grundsicherung für die Beherrschten: bei schlechten Ernten oder in Kriegszeiten  könnten sie mit Beeren, Nüssen, Wild oder Fischen überleben. Die Enteignung von Allmenden und die Beschneidung gemeinschaftlicher Nutzungsrechte bedrohten deshalb die Existenzgrundlage der einfachen Bevölkerung.

Interessanterweise fanden zeitgleich in Mittelamerika ähnliche Umwälzungen statt: Im Februar 1525 wurde der letzte aztekische Herrscher Cuauhtémoc durch Hernán Cortés hingerichtet, und das Milpa-System der Maya, das Ähnlichkeiten mit der Allmende aufwies, wurde zerstört.

Von der Geschichte zur Gegenwart: Die Wohnungskrise

Die Problematik der privatisierten Bodennutzung und -verteilung hat bis heute Bestand. Anders als Arbeitskraft oder Kapital lässt sich Grund und Boden nicht vermehren. Dies führt zu aktuellen Herausforderungen:

  • Steigende Preise für Wohnungskauf und -mieten
  • Versagen des Wohnungsmarktes bei der Bereitstellung bezahlbaren Wohnraums
  • Privatisierung öffentlichen Grundbesitzes und Wohnungsbestände
  • Steigende Kosten für den Staat durch Unterstützungsleistungen wie Kosten der Unterkunft oder Wohngeld

Aktuelle Initiativen und Lösungsansätze

Als Reaktion auf diese Entwicklungen entstehen Gegenbewegungen:

  • Die Initiative „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ gewann 2021 einen Volksentscheid in Berlin, der die Vergesellschaftung großer Immobilienkonzerne als Option etablierte.
  • Forderungen nach Rekommunalisierung von Flächen werden lauter, um mehr Wohnungen ohne Gewinnerzielungsabsicht bereitzustellen.

Fazit und Ausblick

Die Parallelen zwischen den historischen Kämpfen um Allmenden und den heutigen Auseinandersetzungen um bezahlbaren Wohnraum sind bemerkenswert. Sie erinnern uns an die fortdauernde Relevanz des Artikels 14 (2) des Grundgesetzes:

Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

Die Lösung der aktuellen Wohnungskrise erfordert innovative Ansätze, die sowohl die Bedürfnisse der Bevölkerung als auch die komplexen wirtschaftlichen Realitäten berücksichtigen. Der Blick in die Geschichte kann dabei wertvolle Impulse für zukunftsfähige Konzepte liefern.

Beiträge zum Thema Wohnen/Wohnung

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