Roadmap zur Evaluation der Ratsempfehlung zur Langzeitarbeitslosigkeit

Im Juni 2017 veröffentlichte die EU-Kommission eine roadmap zur Evaluation der Empfehlung des Rates zur Wiedereingliederung Langzeitarbeitsloser in den Arbeitsmarkt. Es soll festgestellt werden, ob die Empfehlung zu den vorgesehenen Veränderungen geführt hat und was die Strukturfonds bewirkt haben.

Hinweise und Rückmeldungen zum Fahrplan können bis 28. Juli 2017 über das Online-Beteiligungsportal der Kommission abgegeben werden.

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Erklärung gesucht: Zusammenhang von Aktivierungspolitik und Erwerbsarmut

Im WSI-Report 36 vom Juli 2017 wird im Detail dem Zusammenhang von  Aktivierungspolitik und Erwerbsarmut (working  poor) in den europäischen Staaten nachgegangen. Die Autorinnen und Autoren kommen zu mehreren interessanten Ergebnissen:

  • Strenge  Anspruchsvoraussetzungen  für  den  Leistungsbezug (Workfare-
    Ansatz) und  niedrige  Lohnersatz-  und  Sozialleistungen  erhöhen das  Risiko,  arm  trotz  Arbeit  zu  sein.
  • Investive  aktive  Arbeitsmarktpolitik (z. B. Maßnahmen
    zur Aus- und Weiterbildung) senkt  das  Erwerbsarmutsrisiko.
  • Auskömmliche Lohnersatz-  und  Sozialleistungen können das Risiko der Erwerbsarmut
    senken.

Daraus leitet die Auorengruppe strategische Schlussfolgerungen ab:

  • Möglichkeiten der  beruflichen  Qualifikation  und  Weiterbildung auszubauen  und  auch  für  atypisch  und/oder  im Niedriglohnbereich Beschäftigte zugänglich ma-
    chen.
  • Arbeitsvermittlung verstärkt auf  eine  nachhaltige  und  qualifikationsgerechte
    Vermittlung von Erwerbslosen ausrichten.
  • Zumutbarkeitsregeln im SGB II entschärfen.
  • Sicherstellen, dass  Lohnersatzleistungen  und  SGB-II-Leistungen  Armut  wirksam
    verhindern.

Der Report liefert noch ein anderes – statistisch signifikantes – Ergebnis, das möglicherweise weiterreichende Folgen hat:

„Die Anzahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer in aktiven arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen hingegen erhöht das Erwerbsarmutsrisiko.“ (WSI-Report 36/2017, S. 12)

Es ist bisher in der deutschen Arbeitsmarktpolitik unhinterfragt, dass die Teilnahme in arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen (von Arbeitsgelegenheiten einmal abgesehen; Hammer 2016) „gut“ ist und mehr davon besser. Beschäftigungsträger leben von solchen Maßnahmen. Aber auch die Bundesregierung legt immer wieder Programme auf, bei denen es für die Arbeitsverwaltung gilt, die politisch angekündigten Zahlen praktisch zu erreichen (z. B. 100.000 Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen). Wenn nun steigende Teilnehmerzahlen in arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen das Erwerbsarmutsrisiko erhöht, dann sollte zunächst die Ursachen analysiert, die vorhandene Praxis überpürft und Lösungswege zur Senkung des Erwerbsarmutsrisiko durch arbeitsmarktpolitische Maßnahmen entwickelt werden.

Die Autorengemeinschaft hat dazu leider keine Erkenntnisse. Sie schreibt:

„Für diesen Effekt haben wir keine Erklärung.“ (WSI-Report 36/2017, S. 12, Fußnote 7 )

Gesucht ist also die Erklärung für den negativen Zusammenhang von der Anzahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer in aktiven arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen und dem Erwerbsarmutsrisiko.


Dorothee Spannagel, Daniel Seikel, Karin Schulze Buschoff, Helge Baumann: Aktivierungspolitik und Erwerbsarmut. WSI-Report 36/2017

Hammer, Andreas 2016: Zusätzlichkeit, Wettbewerbsneutralität und öffentliches Interesse. In: Forum Arbeit, Nr. 4/2016, S. 16-19

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Stimmigkeit theoretischer und empirischer Arbeitsmarktanalysen

Im IAB Discussion Paper 18/2017 gehen Thomas Rothe und Klaus Wälde der Frage nach, wohin die Arbeitslosen gehen, also wie ihre Übergänge aus der Arbeitslosigkeit heraus aussehen. Sie erwähnen, dass die meisten theoretischen und empirischen Analysen unterstellen, dass Arbeitslose im Wesentlichen in Vollzeit-Erwerbstätigkeit wechseln.

Ihre Untersuchung von Mikrodatensätzen kann dies nicht bestätigen. Demnach wechseln nur rund 9% der Arbeitslosen in eine Vollzeitbeschäftigung. Die meisten Übergänge finden in Rente (28%) bzw. in atypische Beschäftigung (37%) statt. Damit relativieren sich arbeitsmarktpolitische Erfolgsmeldungen zu den sog. Hartz-Reformen.

Darüber hinaus sind allerdings, und dies ist möglicherweise die weiterreichende Schlußfolgerung der Untersuchung, die gängigen Analysen fehlerhaft. Rothe und Wälde plädieren dafür, bei künftigen Unterschungen zumindest die Unterscheidung von Normalarbeitsverhältnis und atypischer Beschäftigung zu berücksichtigen. Allerdings wäre es von weiterer Bedeutung die den fehlerhaften Analysen zugrundelegenden Theorien in Frage zu stellen und zu modifizieren.

Übergänge aus Arbeitslosigkeit* in …

Normalarbeitsverhältnis

8,7% sozialversicherungspflichtige Vollzeit

5,3% Militär incl. Zivilbeschäftigte beim Militär

Atypische Beschäftigung

3,6% sozialversicherungspflichtige Teilzeit

14,5% geringfügige Beschäftigung

19,2% Beschäftigungschaffende Maßnahmen

6,6% Teilzeit-Selbständig

Arbeitsmarktpolitische Maßnahmen

11,68% Fort und berufliche Weiterbildung

1.6% Eingliederungsmaßnahmen

Nichterwerbstätig

0.7% Haushalt

28.0% Rente

*Thomas Rothe / Klaus Wälde: IAB-Discussion Paper 18/2017 – Where Did All the Unemployed Go? Non-Standard Work in Germany after the Hartz Reforms

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Soziale Teilhabe am Arbeitsmarkt: Stand April 2017

Für das Programm Soziale Teilhabe am Arbeitsmarkt (s. Aktuelle Entwicklung des Programms Soziale Teilhabe am Arbeitsmarkt)  liegen aktualisierte Zahlen für den April 2017 vor. Weiterlesen

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Entwicklung des Programms zum Abbau von Langzeitarbeitslosigkeit zum März 2017

Das vom Europäischen Sozialfonds (ESF) finanzierte Förderprogramm des Bundes zugunsten langzeitarbeitsloser Leistungsberechtigter läuft nun seit fast zwei Jahren.

Am 31.3.2017 waren 16.186 Teilnehmende1 (30.9.2016: 10.939; 31.5.2016: 6.893) in 305 Jobcentern im Programm (bei weiteren acht Jobcentern gab es einen Widerruf; zum 30.9.2016: 303, zum 31.12.2015: 312, zum 31.5.2016: 305;). In zwei Jobcentern waren noch keine Teilnehmenden gebucht.

Die Bundesregierung beabsichtigt mit diesem Programm, arbeitsmarktferne langzeitarbeitslose Leistungsbezieher im SGB II nachhaltig in den allgemeinen Arbeitsmarkt zu integrieren.

Jobcenter als einziger Typ von Antragsteller konnten eine Förderung nach dem ESF beantragen für

  • die Akquisition von Arbeitsplätzen in Betrieben (Betriebsakquisiteure)
  • das Coaching von MaßnahmeteilnehmerInnen und ihren Arbeitgebern (welches auch durch Dritte durchgeführt werden kann) sowie
  • Lohnkostenzuschüsse für Arbeitgeber.

Welchen Stand hat das Programm bis zum 31.3.2017 und einer Programmlaufzeit von über 20 Monaten erreicht? Weiterlesen

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Arbeitsgelegenheiten nach § 5 Asylbewerberleistungsgesetz

Stehen sog. 1-Euro-Jobs (Arbeitsgelegenheiten nach § 16d SGB II) schon seit Jahren in der Diskussion der Arbeitsmarktpolitik als Förderinstrument, sind zum 1.8.2016 Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen als Arbeitsgelegenheiten nach § 5a Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) hinzugekommen. Weniger in der öffentlichen Wahrnehmung finden sich die Arbeitsgelegenheiten nach § 5 AsylbLG. Diese existieren ebenfalls schon seit Jahren.

Meine Betrachtung zu diesem Instrumententyp nun auch zum download. Hammer_Asyl-AGH

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Neue fachliche Weisungen zu Arbeitsgelegenheiten

Die Bundesagentur für Arbeit hat neue fachliche Weisungen zu den Arbeitsgelegenheiten nach dem SGB II erlassen. Dabei sind nun die Rechtsänderungen, die zum 1.8.2016 in Kraft getreten sind, berücksichtigt.

fachliche_weisungen_agh

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Arbeitsgelegenheiten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (III)

Stehen sog. 1-Euro-Jobs (Arbeitsgelegenheiten nach § 16d SGB II) schon seit Jahren in der Diskussion der Arbeitsmarktpolitik als Förderinstrument, sind zum 1.8.2016 Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen als Arbeitsgelegenheiten nach § 5a Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) hinzugekommen. Weniger in der öffentlichen Wahrnehmung finden sich die Arbeitsgelegenheiten nach § 5 AsylbLG. Diese existieren ebenfalls schon seit Jahren. Dieser Instrumententyp soll im folgenden beleuchtet werden.

Fortsetzung des 1. Teils und 2. Teils mit den Kosten der Arbeitsgelegenheiten nach § 5 AsylbLG.

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Sollgröße der Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen erreicht?

Im Jahr 2016 hat Bundesministerin Nahles das „Arbeitsmarktprogramm Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen“ angekündigt, welches der Bundestag dann mit Rechtswirkung zum 1.8.2016 beschlossen hat. Die Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen – FIM – sind formal ähnlich wie Arbeitsgelegenheiten nach dem SGB II oder Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) ausgestaltet, unterscheiden sich aber vor allem von der Zielsetzung her.

Im Folgenden werden die Ausgestaltung der FIM und der aktuelle Stand der Maßnahmen zum 16.1.2017 dargestellt. Weiterlesen

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Arbeitsgelegenheiten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (II)

Stehen sog. 1-Euro-Jobs (Arbeitsgelegenheiten nach § 16d SGB II) schon seit Jahren in der Diskussion der Arbeitsmarktpolitik als Förderinstrument, sind zum 1.8.2016 Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen als Arbeitsgelegenheiten nach § 5a Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) hinzugekommen. Weniger in der öffentlichen Wahrnehmung finden sich die Arbeitsgelegenheiten nach § 5 AsylbLG. Diese existieren ebenfalls schon seit Jahren. Dieser Instrumententyp soll im folgenden beleuchtet werden.

Fortsetzung des 1. Teils mit der Struktur der Empfängerinnen und Empfänger von Leistungen des AsylbLG als Arbeitsgelegenheiten.

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