Entwicklung des Programms zum Abbau von Langzeitarbeitslosigkeit

Das vom Europäischen Sozialfonds (ESF) finanzierte Förderprogramm des Bundes zugunsten langzeitarbeitsloser Leistungsberechtigter läuft nun schon seit mehr als 9 Monaten. Zeit sich die Entwicklung anzuschauen.

Die Bundesregierung beabsichtigt mit diesem Programm, arbeitsmarktferne langzeitarbeitslose Leistungsbezieher im SGB II nachhaltig in den allgemeinen Arbeitsmarkt zu integrieren.

Jobcenter als einzige Antragsteller konnten eine Förderung nach dem ESF beantragen für

  • die Akquisition von Arbeitsplätzen in Betrieben
  • das Coaching von MaßnahmeteilnehmerInnen und ihren Arbeitgebern (welches auch durch Dritte durchgeführt werden kann) sowie
  • Lohnkostenzuschüsse für Arbeitgeber.

Über das problematische Programmdesign habe ich im Blog-Eintrag vom 21.9.2014 berichtet (siehe dort).

Wie sieht nun die Entwicklung nach 9 Monaten aus? Weiterlesen

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Neujahrsgruß

Ich kann freilich nicht sagen, ob es besser wird, wenn es anders wird, aber soviel kann ich sagen: Es muss anders werden, wenn es gut werden soll.
(Georg Christoph Lichtenberg)

Ich wünsche Ihnen schöne Feiertage und für das neue Jahr 2016, dass es gut wird – privat wie beruflich.

 

Andreas Hammer

 

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Referentenentwurf des SGB-II-Rechtsvereinfachungsgesetzes

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat einen aktuellen Entwurf eines Neunten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches SozialgesetzbuchRechtsvereinfachung  erarbeitet. In ihm sind eine Vielzahl von Veränderungen vorgesehen. Von der Menge her betreffen die meisten das Leistungsrecht. Einige wichtige verändern den Personenkreis der Leistungsberechtigten oder den Leistungsumfang der Leistungsberechtigten. Bei den Eingliederungsinstrumenten wird praktisch nichts geändert.

Einige Änderungen sollen im folgenden erwähnt werden, da sie unabhängig von rechtlichen Detailfragen eine größere Relevanz haben.

Für Leistungsberechtigte wird der Leistungsumfang im SGB II in verschiedener Hinsicht geändert.

Vorgesehen ist, dass Alg-I-Aufstocker künftig keine Eingliederungsleistungen vom Jobcenter mehr bekommen, sondern von der Bundesagentur für Arbeit (BA) (§ 5 Abs. 4 SGB II Entw) . Die Passivleistungen kommen wie bisher vom Jobcenter. Diese Regelung kann für diese Aufstocker von Vorteil sein, wenn die BA mehr oder bessere Eingliederungsleistungen wie die Jobcenter für sie anbietet. Ob dies realistisch ist, wird sich zeigen. Bisher wurden Alg-I-Empfänger ohne aufstockenden Alg-II-Anspruch nicht immer optimal gefördert. So wurden angezeigte Maßnahmen dann nicht gefördert werden, wenn der Alg-I-Leistungsbezug kürzer war als die Maßnahmedauer. Es stellt sich auch die Frage, ob die BA bei Leistungsberechtigten mit einem Rest-Alg-I-Anspruch von z.B. monatlich 200€ auch teurere Maßnahmen bewilligt. Möglicherweise wurde diese Rechtsänderung auch deshalb beschritten, weil auf diese Weise bei der BA weniger Personal abgebaut werden muss. Es ist anzunehmen, dass die JC für diese Personengruppe weniger EGT bekommen und weniger pAp-Stellen, da sie ja weniger Personen vermitteln müssen. In der Konsequenz würde sich der Verteilungsschlüssel des EGT und/oder der Betreuungsschlüssel ändern. Davon ist im Entwurf keine Rede. Es von einem Mittel-Mehrbedarf bei der BA von rd. 280 Mio. die Rede.

Bei Leistungsberechtigten, die eine dem Grunde nach Bafög-fähige Ausbildung begonnen haben, bewirkt der Ausbildungsbeginn in zahlreichen Fällen einen Leistungsausschuss von Arbeitslosengeld II. Mit dem Gesetzentwurf soll ermöglicht werden, dass bestimmte Personengruppen ergänzend zur Ausbildungsvergütung aufstockend Alg II bekommen können (§ 7 Abs. 5 ud 6 SGB II Entw). Dies Forderung wurde von vielen Praktikern gefordert, vor allem wenn es um Teilzeitausbildung oder um Alleinerziehende geht, da bei ihnen die Ausbildungsvergütung in der regel nicht bedarfsdeckend ist.

Wenn es um Kinderbetreuung geht, ist künftig das SGB VIII vor dem SGB II vorrangig (§ 16a SGB II Entw). Das bedeutet, dass sich erst das Jugendamt um die Kinderbetreuung bei Leistungsberechtigten mit Kindern kümmern muss. Wenn dort keine Lösung gefunden wurde, dann muss sich das Jobcenter darum kümmern.

Hinsichtlich der Eingliederungsleistungen gibt es eine Verbesserung. Nun können unter bestimmten Umständen Personen weitergefördert werden, wenn während einer Maßnahme die Hilfebedürftigkeit und damit der Leistungsbezug endet (§16 g SGB II Entw).

Für Neuantragsteller wird im Leistungsrecht vorgesehen, dass das Jobcenter eine vorläufige Entscheidung treffen kann. Dies ist dann bedeutend, wenn z.B. Unterlagen noch nicht vollständig sind oder wenn bei unklaren Alg-I-Ansprüchen offen war, ob das Jobcenter oder die Agentur für Arbeit zuständig ist.

Die von Beschäftigungs- und Bildungsträgern lang erwarteten und von anderen befürchteten Modifizierungen bei den Arbeitsgelegenheiten oder bei anderen Förderinstrumenten finden im Referentenentwurf keine Erwähnung.

Darüber hinaus enthält der Entwurf sehr viele weitere Veränderungen, auf die hier unabhängig von ihrer Reichweite nicht eingegangnen wird.


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Zum Begriff Bildungsferne

Am 6.8.2015 in der Süddeutschen Zeitung erschien ein Beitrag über den Begriff „Bildungsferne“ unter dem Titel

„Bildungsfern“ ist grausamer als „ungebildet“

http://www.sueddeutsche.de/bildung/bildungspolitik-ganz-weit-weg-1.2596342

Den Google-Suchanfragen nach ist der Begriff häufiger in den letzten Jahren aufgetreten und zwar in abnehmender Tendenz.

 

 

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Bundesprogramm „Soziale Teilhabe am Arbeitsmarkt“ gestartet

Die Förderrichtlinie für das Bundesprogramm „Soziale Teilhabe am Arbeitsmarkt“.
Das zweistufige Verfahren sieht vor, dass sich zunächst die Jobcenter im Rahmen eines Konzeptwettbewerbs sich am Programm beteiligen und anschließend die Fördermittel an Arbeitgeber weiterleiten.
Das Programm ist stark an dem der Bürgerarbeit orientiert, wenn man von Details der Zielgruppendefinition absieht. Statt einer vorausgehenden Aktivierungsphase gibt es nun begleitende Aktivitäten, die selbst nicht gefördert werden. Der Bedarf an Gesundheitsförderung im Programm wird ausdrücklich anerkannt.

Eine Aufstockung des Zuschusses durch Länder, Kommunen oder Dritte ist nicht möglich (s. Beitrag zum Bundesrechnungshof in diesem Blog). Dies wird den Interessentenkreis unter den Arbeitgebern einschränken.

Die ersten Teilnehmenden werden vermutlich im Herbst eintreten können.

Für Beschäftigungsträger ist das Programm sicherlich  attraktiver als das ESF-Förderprogramm für Langzeitarbeitslose. Die Lohnkosten der Teilnehmenden werden praktisch vollständig gefördert. Positiv ist die Möglichkeit der stufenweise Erhöhung der Wochenstundenzahl.

Problematisch in der Umsetzung wird die Konstruktion der zu förderneden Arbeitsverhältnisse, als  zusätzlich und wettbewerbsneutral und im
öffentlichen Interesse – wie die umstrittenen Arbeitsgelegenheiten.

Das Programm ist relativ klein – bundesweit 10.000 Plätzze – und nur ein Drittel so groß wie Bürgerarbeit.

Laut Richtlinie ist die „Durchführung geeigneter begleitender Aktivitäten, wie ausführliches
Profiling im Vorfeld der Einstellung und intensive Betreuung und Vermittlung während
der Beschäftigung, sind unverzichtbar.“ Es bleibt unklar, welchen Zusatznutzen das Programm diesbezüglich liefert, wenn die dafür nötigen Mittel vermutlich aus dem Eingliederungstitel für die Jobcenter kommen. Bleibt dieser gleich hoch in der Höhe, werden die vorhandenen Mittel auf die Programm-Zielgruppe gelenkt und für andere Leistungberechtigte stehen dann entsprechend weniger Fördermittel zur Verfügung. Von daher ist anzunehmen, dass vor allem auf Kommunen Druck ausgeübt wird, sich finanziell zu beteiligen – obgleich es sich z.B. bei Profiling oder intensive Betreuung und Vermittlung um SGB-II-Regelaktivitäten handelt.

FoerderRichtLinie_Soziale_Teilhabe_am_Arbeitsmarkt

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Diagnostische Verfahren in Arbeit und Beruf

social support GmbH bietet einen Vertiefungsworkshop zu diagnostischen Verfahren in Arbeit und Beruf an.

Beschäftigungs-, berufliche Bildungs- und Qualifizierungsunternehmen sind mehr denn je auf eigene Expertise bei diagnostischen Verfahren angewiesen.

Sie müssen bspw.

  • in Leistungsbeschreibungen für Zuschussgeber ihre Verfahren darstellen,
  • für Maßnahmen geeignete Teilnehmende identifizieren,
  • die Erfolgswahrscheinlichkeit für die Erreichung bestimmter Ziele einschätzen lernen,
  • die Passung zwischen angebotenem Arbeitsplatz und Kompetenzprofil des Arbeitssuchenden klären.

Zu Beginn des Seminars wird ein Überblick über unterschiedliche diagnostische Verfahren gegeben.

Daran anschließend werden wir exemplarisch einen strukturierten Leitfaden für ein Bewerbergespräch entwickeln.

Außerdem wird die Auswertung von diagnostischen Daten vor dem Hintergrund der eigenen betrieblichen Praxis reflektiert.

Abschließend können Lösungsansätze zur Vermeidung typischer Stolpersteine im Zusammenhang mit diagnostischen Verfahren in der Maßnahmeumsetzung besprochen werden.

Ort: Hannover
Datum: 20.5.2015

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Bundesrechnungshof zu §16e SGB II: Weitreichende Folgen für Sozialer Arbeitsmarkt nicht ausgeschlossen

In der Prüfungsmitteilung des Bundesrechnungshof (BRH) vom 27.2.2015 zur Förderung von Arbeitsverhältnissen ( §16e SGB II; FAV) stellt der BRH bei der Gewährung dieser Leistung  eine Fehlerquote von 80% fest . Diese hohe Beanstandungsquote wird vermutlich nicht folgenlos bleiben. Dabei wird es gleichgültig sein, ob die Fehlerquote so hoch ist, weil die untergesetzlichen Regelungen (HeGa, Fachliche Hinweise der Bundesagentur für Arbeit usw.) so kompliziert sind, oder weil die Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter einen zu großen Ermessensspielraum haben, den sie nicht wie gewünscht ausüben.

Unter anderem moniert der BRH, dass Ko-Finanzierungen der Arbeitgeber, oftmals gemeinnützige Beschäftigungsträger, von Jobcentern nicht geprüft bzw. nicht angerechnet wurden. Teilweise kam es dadurch zu mehr als 100%-Förderungen. Das bedeutet nicht nur eine Doppelfinanzierung des gleichen Zwecks, sondern auch möglicherweise Wettbewerbsverzerrungen.So der BRH.

Betroffen sind u.a. verschiedene Landes-Ko-Finanzierungen bzw. solche von Kommunen, deren Zulässigkeit nun auf dem Prüfstand steht bzw. deren Zahlung ins Leere laufen kann. Insbesondere das PAT-Modell in Baden-Württemberg und ähnlich in NRW  erscheinen nunmehr in kritischem Licht hinsichtlich seiner Tauglichkeit. Zumindest hat der BRH das BMAS um Stellungnahme zur Zulässigkeit solcher Ko-Finanzierungsmodelle gegeben. Im ungünstigen Falle werden  diese Modelle, die einen sozialen Arbeitsmarkt zum Ziel haben, beerdigt, sofern das BMAS der Auffassung des BRH folgt. Auch Kommunen, die den FAV-Arbeitgebern eine sozialpädagogische Begleitung fördern, müssten dann solche Zuschüsse einstellen. Modelle für einen sozialen Arbeitsmarkt, die auf einer Kombination von Landes- oder kommunalen Zuschüssen mit SGB-II-Instrumenten aufbauen, werden  damit nicht mehr gangbar.

Einen Ersatz für die beanstandeten Ko-Finanzierungen ist kaum vorstellbar, wenn man die Logik des BRH konsequent zu Ende denkt.

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Abschlussveranstaltung der Ausbildung von langzeitarbeitslosen alleinerziehenden Frauen

Die Else-Mayer-Schule – private Berufsfachschule für Sozialpflege, Schwerpunkt Alltagsbetreuung – wird getragen von QPS gGmbH, einem Beschäftigungs- und Bildungsträger.  Sie hat mit sehr großem Erfolg langzeitarbeitlose alleinerziehende Frauen ohne Berufsausbildung zu einer staatlich anerkannten Alltagsbetreuerin ausgebildet. Über 60% der Teilnehmerinnen der ersten beiden Schuljahrgänge sind nach Abschluss erwerbstätig!

Die Abschlussveranstaltung gibt Gelegenheit sich unmittelbar über diesen Ansatz zu informieren. Die Evaluation steht an diesem Tag ebenfals für Fragen zur Verfügung.

Ort: Pforzheim, Simmlertsraße 10

Datum: 30.3.2015, ab 10 Uhr

Einladung

 

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ESF-Bundesprogramm zur Eingliederung langzeitarbeitsloser Leistungsberechtigter nach dem SGB II auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt

Von Andreas Hammer

Noch die alte CDU/CSU/FDP-Regierung hatte ein Programm zur Förderung von Langzeitarbeitslosen auf dem sog. ersten Arbeitsmarkt vorgesehen. Dieses soll wie die Bürgerarbeit im Wesentlichen über den Europäischen Sozialfonds (ESF) finanziert werden. Das inzwischen SPD-geführte Bundesarbeitsministerium führt diese Planung von von der Leyens fort.

Ziel des Programms ist die Vermittlung und Integration von schwervermittelbaren Langzeitarbeitslosen aus dem Rechtskreis SGB II (sog. „Hartz IV“) in eine ungeförderte Beschäftigung. Jobcenter können eine Förderung nach dem ESF beantragen für

  • die Akquisition von Arbeitsplätzen in Betrieben
  • das Coaching von MaßnahmeteilnehmerInnen und ihren Arbeitgebern (welches auch durch Dritte durchgeführt werden kann) sowie
  • Lohnkostenzuschüsse für Arbeitgeber.

Wie bei bisherigen Programmen auch, z.B. Bürgerarbeit, können gute Ziele unter Umständen nicht erreicht werden, wenn die Programmbedingungen in der Umsetzung sehr restriktiv sind.

Die Eckpunkte zu den Förderbedingungen für das geplante Programm der Bundesregierung liegen inzwischen als Foerderbedingungen_Langzeitarbeitslosigkeit_Entwurf vor.

Dem ersten Eindruck nach sind die Regelungen in den Richtlinien sehr detailiert.  So wird z.B. nicht nur festgeschrieben, dass die Langzeitarbeitslosen ein Coaching bekommen sollen, sondern dass dieses in der Stabilsierungsphase in der Regel 1 Stunde wöchentlich dauern soll.  Solche eng definierten Regeln sind allerdings keine Ausnahme im Richtlinienentwurf. Für die im Einzelfall mögliche Grundqualifizierung der schwervermittelbaren Langzeitarbeitlosen gilt:

„Die Grundqualifizierung soll zwei Stunden pro Woche nicht überschreiten und darf insgesamt nicht mehr als 100 Stunden umfassen. Es ist davon auszugehen, dass etwa bei jedem fünften Teilnehmer Bedarf für eine Grundqualifizierung besteht. „

Solche Engführungen werden im Falle einer Prüfung der korrekten Umsetzung einer Maßnahme sehr leicht zu Beanstandungen führen. Entweder entsteht ein erhöhter Begründungs- und Dokumentationsaufwand, wenn die z.B. die 100 Stunden Grundqualifizierung überschritten wurden. Oder es werden interessierte Träger gleich abgeschreckt.

Ein anderes Problem könnte in der beabsichtigten Komplexität der Betreuung der Langzeitarbeitslosen bestehen. Für einen Langzeitarbeitslosen gibt es nicht einen einheitlichen oder den persönlichen Ansprechpartner in diesem Programm, sondern es sind mehrere vorgegeben:

  • ein Betriebsakquisiteur im Jobcenter: zu seinen Aufgaben gehört u.a. die Erarbeitung von individuellen Förderplänen in enger Abstimmung mit Arbeitgeber, Arbeitnehmer/in und Coach,
  • ein Coach im Jobcenter oder bei einem Dritten (Träger)
  • der persönliche Ansprechpartner, der in der Regel weiterhin zuständig ist, zumindest entscheidet er u.a. über die Förderung bzw. Finanzierung der Grundqualifizierung
  • der Leistungsgewährer, der sich wie bisher um die Zahlnzug von Alg II kümmert.

Die Förderrichtlinien benennen die Abstimmung zwischen den verschiedenen Betreuungspersonen. Sie wird tatsächlich dadurch nötig, wenn die Arbeitsteilung in der Betreuung derart kleinteilig ist.

Empfehlenswert wäre stattdessen

  • den Jobcentern ein größeres Ermessen einzuräumen und sich geeignete Konzepte zur Umsetzung vorlegen zu lassen statt ein möglicherweise vorhandenes Grundmißtrauen durch Restriktionen zu kompensieren und
  • zumindest die Umsetzung von Arbeitsplatzakquisition und Coaching in Personalunion vorzusehen, damit die Zahl der Schnittstellen sinkt und das Programm effizienter werden kann.

 

Nachtrag vom 23.4.2015:

Weitere Informationen zu diesem Programm sowie die endgültigen Förderrichtlinien finden Sie hier:  http://www.esf.de/portal/generator/21716/bekaempfung__langzeitarbeitslosigkeit.html

 

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Mindestlohn, Langzeitarbeitslosigkeit und Rechtsfolgen

Mindestlohn, Langzeitarbeitslosigkeit und Rechtsfolgen

von Andreas Hammer

Mit dem Mindestlohngesetz wurde in der deutschen Arbeitsmarktpolitik vermutlich erstmals das Merkmal „langzeitarbeitslos“ zu einem Tatbestandsmerkmal mit Rechtsfolgenwirkung erklärt. Bisher hatte das Merkmal „langzeitarbeitslos“ ausschließlich statistische Bedeutung.

Mit dem Mindestlohngesetz wurde der Ausnahmetatbestand vom Mindestlohn für die ersten sechs Monate bei Langzeitarbeitslosen eingeführt (§22 Abs. 4 MiLoG). Aus dieser gesetzlichen Regelung entstehen Probleme in der praktischen Umsetzung. Ihre Lösung ist noch nicht erkennbar.

Im Folgenden sollen kurz die Probleme benannt und Lösungsansätze diskutiert werden.

1 Definition von Langzeitarbeitslosigkeit und Umfang der Betroffenheit

In §18 SGB III ist definiert, wer langzeitarbeitslos ist:

Langzeitarbeitslose sind Arbeitslose, die ein Jahr und länger arbeitslos sind. Die Teilnahme an einer Maßnahme nach § 45 sowie Zeiten einer Erkrankung oder sonstiger Nicht-Erwerbstätigkeit bis zu sechs Wochen unterbrechen die Dauer der Arbeitslosigkeit nicht.“

Um arbeitslos zu sein, müssen mehrere Anforderungen nach § 16 SGB III zugleich erfüllt werden.

(1) Arbeitslose sind Personen, die wie beim Anspruch auf Arbeitslosengeld

1. vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stehen,

2. eine versicherungspflichtige Beschäftigung suchen und dabei den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung stehen und

3. sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet haben.

(2) An Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik Teilnehmende gelten als nicht arbeitslos.“

Ergänzend gilt nach § § 53a  SGB II:

(2) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die nach Vollendung des 58. Lebensjahres mindestens für die Dauer von zwölf Monaten Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende bezogen haben, ohne dass ihnen eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung angeboten worden ist, gelten nach Ablauf dieses Zeitraums für die Dauer des jeweiligen Leistungsbezugs nicht als arbeitslos.“

 Im August 2014 wurden von der Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) 1.077.000 Langzeitarbeitslose berichtet. Der Anteil der Langzeitarbeitslosen an allen Arbeitslosen betrug 37,1 Prozent. Von ihnen befinden sich 88,3% im Rechtskreis SGB II („Hartz IV“). Die Zahl der Betroffenen ist allerdings größer als die Stichtagsbetrachtung suggeriert, da es in einem Jahr sowohl Zu- wie Abgänge aus der Statistik gibt.

2 Rechtsfolgen der Langzeitarbeitslosigkeit

Liegt Langzeitarbeitslosigkeit vor, erhält ein Beschäftigter die ersten sechs Monate eines Beschäftigungsverhältnisses keinen Mindestlohn. Das bisherige statistische Merkmal wird somit zu einem Merkmal mit Rechtsfolge.

§22 (4) MiLoG Für Arbeitsverhältnisse von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die unmittelbar vor Beginn der Beschäftigung langzeitarbeitslos im Sinne des § 18 Absatz 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch waren, gilt der Mindestlohn in den ersten sechs Monaten der Beschäftigung nicht.“

Wenn die Langzeitarbeitslosigkeit nicht korrekt festgestellt wurde, kann eine Rechtsfolge eintreten. Geht ein Arbeitgeber vom Vorliegen des Merkmals „langzeitarbeitslos“ aus und zahlt unterhalb des Mindestlohnes, dann verstößt der Arbeitgeber wegen Unterschreitung des Mindestlohnes gegen das Gesetz, wenn keine Langzeitarbeitslosigkeit gegeben war. Letztlich ist der Arbeitgeber für die richtige Eingruppierung der Vergütung sowie des Gesetzes verantwortlich und haftbar. Um dies zu vermeiden muss das Vorliegen des Merkmals „langzeitarbeitslos“ rechtssicher festgestellt werden.

Für den Beschäftigten wäre die Folge, dass er weniger als den Mindestlohn erhält, obgleich ihm der Mindestlohn zustehen würde.

3 Feststellen des Vorliegens des Ausnahmegrundes für den Arbeitgeber

Die Arbeitgeber werden die Ausnahme vom Mindestlohn bei Langzeitarbeitslosen nutzen wollen. Es handelt sich um eine Forderung des Arbeitgeberverbandes. Da ein Arbeitgeber selbst nicht in der Lage ist, die Langzeitarbeitslosigkeit festzustellen, wird er dem/der potenziellen Bewerber/in auferlegen eine entsprechende Bescheinigung beizubringen.

4 Bescheinigung der Langzeitarbeitslosigkeit

Das BMAS geht offensichtlich von einer Bescheinigungspflicht zur Langzeitarbeitslosigkeit aus (FAZ vom 21.7.2014). Eine solche Bescheinigungspflicht wurde aber weder im Gesetzgebungsverfahren erörtert oder geregelt. Eine Bescheinigungspflicht unterstellt, ergeben sich zahlreiche praktische Fragen.

  1. Existiert eine Rechtsgrundlage für eine Bescheinigungspflicht bzw. ist eine solche erforderlich?
    Nach einer ersten Einschätzung ist keine Rechtsgrundlage bekannt. Sicherlich ist eine Rechtsgrundlage notwendig, wenn eine Pflicht zur Bescheinigung bestünde.
  2. Welchen Rechtscharakter hätte die Bescheinigung? Wäre es ein Bescheid bzw. Verwaltungsakt?
    Wenn ja, so müsste eine Widerspruchsmöglichkeit eingeräumt werden. Bei Beachtung der üblichen Widerspruchsfristen und –verfahren kann man davon ausgehen; dass eine offene Stelle besetzt ist, bis der Bescheid rechtskräftig wäre. Das wäre also praxisfremd. Eine Bescheinigung auf Vorrat ist keine Alternative, da ja jederzeit eine Unterbrechung der Langzeitarbeitslosigkeit eintreten kann. Eine Bescheinigung muss deshalb stets aktuell sein, wenn der Arbeitgeber kein Risiko eingehen will.
  3. Wer kann oder darf oder muss die Langzeitarbeitslosigkeit ermitteln?
    In Frage kommen die Jobcenter und die Agenturen für Arbeit (AA). Bisher erheben beide Organisationstypen das statistische Merkmal „langzeitarbeitslos“ und übermitteln die Daten an die Statistik der BA. Nach § 53 SGB II ist alleine die BA für die Statistik zuständig. Auswertungen dürfen die Jobcenter nicht selbst vornehmen. Bereits jetzt ist es so, dass die Jobcenter lediglich die Angaben zur Langzeitarbeitslosigkeit erheben, aber nicht feststellen. Allein die Statistik der BA entscheidet darüber, ob eine gemeldete Langzeitarbeitslosigkeit als solche gezählt wird.
    Immer wieder gibt es sog. unplausible Werte. Die aktuelle Revision der Statistik zeigt erhebliche Verädnerungen bei den Langzeitarbeitslosen. Eine fehlerfreie oder einfache Ermittlung der Langzeitarbeitslosigkeit ist aufgrund der bisherigen Probleme mit Unterbrechnungstatsbeständen, den dazu notwendigen zahlreichen Informationen, die bei verschiedenen Organisationen vorliegen (z.B. Arbeitsunfähigkeit) sowie der Probleme der Software nicht möglich.
    Ohne neue Bestimmungen müssten die Jobcenter auf die BA möglicherweise zurückgreifen, um das Merkmal aus ihrem Datenbestand auswerten zu können. Da die Mehrheit der Langzeitarbeitslosen im Rechtskreis SGB II registriert ist, ist ein solches Verfahren kaum praktikabel.
    Infrage käme allenfalls eine Datenrückübermittlung an die Jobcenter, wozu jedoch eine Rechtsgrundlage fehlen würde.
    Außerdem gibt es noch eine Einschränkung, die ebenfalls eine Rolle spielen könnte: Nach §51b SGB II sind die Zwecke geregelt, für die Daten verarbeitet und genutzt werden dürfen.

(3) Die nach den Absätzen 1 und 2 erhobenen und an die Bundesagentur übermittelten Daten dürfen nur – unbeschadet auf sonstiger gesetzlicher Grundlagen bestehender Mitteilungspflichten – für folgende Zwecke verarbeitet und genutzt werden:

1. die zukünftige Gewährung von Leistungen nach diesem und dem Dritten Buch an die von den Erhebungen betroffenen Personen,

2. Überprüfungen der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende auf korrekte und wirtschaftliche Leistungserbringung,

3. die Erstellung von Statistiken, Kennzahlen für die Zwecke nach § 48a Absatz 2 und § 48b Absatz 5, Eingliederungsbilanzen und Controllingberichten durch die Bundesagentur, der laufenden Berichterstattung und der Wirkungsforschung nach den §§ 53 bis 55,

4. die Durchführung des automatisierten Datenabgleichs nach § 52,

5. die Bekämpfung von Leistungsmissbrauch.

Da im Mindestlohngesetz keine Mitteilungspflicht vorgesehen ist, darf das Merkmal „langzeitarbeitslos“ vermutlich nicht für eine Bescheinigung zur Feststellung des Mindestlohnes aus dieser Datenübermittlung ausgewertet werden.

  1. Wer kann oder darf oder muss Langzeitarbeitslosigkeit bescheinigen?
    Ohne Rechtsgrundlage gibt es dazu keine Antwort. Unter Berücksichtigung der vorherigen Aussagen könnte rein rechtlich gesehen am ehesten die Statistik der BA die Bescheinigung erstellen, da sie die Daten bereits verfügbar hat und ohne Weitergabe an Dritte auskommen würde. Das ist bisher weder deren Aufgabe noch praktikabel, da diese keine Kontakt zu Leistungsempfängern haben.
  2. Muss der/die Langzeitarbeitslose die Bescheinigung dulden?
    Möglicherweise muss er/sie  die Bescheinigung seiner Langzeitarbeitslosigkeit nicht dulden, da dies eine Diskriminierung darstellen kann. Und bei einem Verwaltungsakt stünde ihm/ihr das Widerspruchsrecht zu.
  3. Wer kann oder darf oder muss die ermittelte Langzeitarbeitslosigkeit als Information übermitteln?
    Eine Informationsübermittlung an den Arbeitgeber durch Jobcenter oder Agentur für Arbeit ist ohne Rechtsgrundlage nicht vorstellbar. Eine notwendige Zustimmung seitens des Langzeitarbeitslosen kann angenommen werden, da er sich auf das Recht der informationellen Selbststimmung beziehen kann. Hinsichtlich des Datenschutzes gibt es keine Regelung im Mindestlohngesetz.

5 Persönliche Erklärung des Stellenbewerbers/-in

Statt den Weg über eine Bescheinigung zu gehen, wäre es grundsätzlich möglich eine Selbstauskunft des/der Stellenbewerbers/-in zuzulassen. Dann würde die/der Stellenbewerbers/-in im Bewerbungsverfahren dem Arbeitgeber gegenüber erklären langzeitarbeitslos zu sein. Dies ist aber nach § 22 (4) nicht möglich, da die Langzeitarbeitslosigkeit nach §18 SGB III berechnet wird. Den Arbeitsuchenden ist es in der Regel nicht möglich die verschiedenen Unterbrechungstatbestände und damit die Langzeitarbeitslosigkeit korrekt zu berechnen. Allerdings könnte man das Mindestlohngesetz dahin gehend ändern und der Bezug auf §18 SGB III entfernen. Selbst dann bleiben zwei Probleme bestehen:

  1. Der/die Stellenbewerbers/-in macht irrtümlich falsche Angaben zur Langzeitarbeitslosigkeit: Hier wäre zu klären, welche Rechtsfolgen für den Arbeitgeber und für den/die Bewerber/in auftreten.
  2. Der / die Stellenbewerber/-in macht absichtlich falsche Angaben: Hier wären ebenfalls die Rechtsfolgen für beide Vertragsparteien zu klären (s.u.).

6 Rechte und Pflichten des Langzeitarbeitslosen

Es ist anzunehmen, dass Langzeitarbeitslose eine Übermittlung des Merkmals „langzeitarbeitslos“ direkt an den Arbeitgeber ausschließen können; ebenfalls eine Datenübermittlung der Jobcenter an die Statistik der BA, da dieses Merkmal für einen anderen als die vorgesehenen Zwecke genutzt werden würde. Dies würde selbst dann gelten, wenn sie die Erstellung der Bescheinigung dulden müssten.

Da Langzeitarbeitslosigkeit als Diskriminierungsmerkmal gelten kann, könnte es dem Bewerber/ der Bewerberin analog zu anderen Diskriminierungsmerkmalen (z.B. Frage nach Schwangerschaft) erlaubt sein, im Bewerbungsgespräch unwahre Angaben zum Vorliegen der Langzeitarbeitslosigkeit machen ohne dass dies ihm/ihr daraus Nachteile erwachsen. Auch die Nicht-Weitergabe einer vorhandenen Bescheinigung wäre dann zulässig.

Auch ist anzunehmen, dass eine Ablehnung einer Beschäftigung unterhalb des Mindestlohnes bei einem langzeitarbeitslosen Leistungsberechtigten nach dem SGB II („Hartz-IV“-Empfänger/in) ohne Folgen bleiben dürfte. Denn ein Lohn unter 8,50€ pro Stunde soll die Regel sein, und eine Zahlung darunter die Ausnahme. Eine sanktionsbewehrte Vermittlung in eine Beschäftigung, die unterhalb des Mindestlohnes liegt, verbunden mit der Weitergabe einer Bescheinigung zur Langzeitarbeitslosigkeit an den Arbeitgeber, könnte folglich als nicht zumutbar gelten.

Zu befürchten steht, dass Langzeitarbeitslose ihre Rechte nicht wahrnehmen – sofern sie diese überhaupt kennen -, wenn sie Nachteile befürchten, die ihnen jetzt oder später bei einem Leistungsbezug widerfahren können.

7 Alternativen zur Bescheinigung der Langzeitarbeitslosigkeit

Eine Alternative zur Bescheinigung der Langzeitarbeitslosigkeit besteht in der persönlichen Erklärung des Bewerbers/der Bewerberin. Dazu müsste der Bezug auf §18 SGB III im Mindestlohngesetz entfernt werden. Zusätzlich bedarf es der Klärung der Rechtsfogen für den Fall, dass der Bewerbers/die Bewerberin irrtümlich oder absichtlich fehlerhafte Angaben macht. Eine Selbstauskunft hätte den Nachteil, dass Arbeitslose sich als Langzeitarbeitslose deklarieren, um sich eine Chance auf einen Arbeitsplatz zu eröffnen, und nur deshalb auf einen Mindestlohn verzichten, weil sie in der schwächeren Verhandlungsposition auf dem Arbeitsmarkt sind.

Eine andere Möglichkeit wäre die Erstellung einer Negativbescheinigung durch die Arbeitsverwaltung. Dies würde sehr bürokratisch und einen großen Aufwand zur Folge haben, da theoretisch für sehr viel mehr Personen eine solche Bescheinigung nötig wäre.

Die einfachste Alternative ist, die Ausnahmeregelung hinsichtlich der Langzeitarbeitslosigkeit im Mindestlohngesetz zu streichen.

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