Einigung über die Schuldenobergrenze in den USA beinhaltet neue Arbeitsanforderungen

Die Einigung Ende Mai 2023 über die Schuldenobergrenze in den USA (Fiscal Responsibility Act) beinhaltet als besonders umstrittenes Element neue Arbeitsanforderungen. Damit sollen Haushaltsmittel eingespart werden. Die Arbeitsanforderungen werden in zwei Programmen geändert:

  1. Supplemental Nutrition Assistance Program (SNAP; früher als Lebensmittelmarken bezeichnet)
  2. Temporary Assistance for Needy Families (TANF) Programm

Arbeitsanforderungen im SNAP

Für ältere AmerikanerInnen, die SNAP (also eine Ernährungshilfe, die deshalb wichtig ist, da in den meisten Bundesstaaten nach 26 Wochen kein Arbeitslosengeld mehr gezahlt wird; sie ist für einige Berechtigte befristet; rund 12 % der Bevölkerung sind im SNAP, s auch) beziehen, würden neue Arbeitsanforderungen gelten. Nach den derzeitig gültigen Regeln (die bereits in früheren Jahren verschärft wurden) müssen Erwachsene bis 49 Jahre mindestens 80 Stunden pro Monat arbeiten oder an einem Schulungsprogramm teilnehmen. Es gibt jedoch bestimmte Ausnahmen, z. B. für schwangere Personen, Personen mit geistigen oder körperlichen Einschränkungen oder Personen, die mit Kindern zusammenleben. Mit dem Fiscal Responsibility Act gelten nun höhere Altersgrenze: Erwachsene ohne Angehörige zwischen 50 und 52 Jahren ab Oktober und Erwachsene ab 54 Jahren ab dem nächsten Herbst.

Weil viele ältere Erwachsene in Teilzeitjobs (z. B. zum Beispiel als Schülerlotsen, VerkäuferInnen oder SaisonarbeiterInnen) arbeiten, mit denen sie nicht auf 80 Stunden kommen, droht ihnen der Verlust der Nahrungsmittelhilfe. Wieder andere können eine höhere Stundenzahl aufgrund körperlicher Einschränkungen nicht leisten und waren bisher auch nicht in anderen Programmen förderbar oder in Arbeit vermittelbar.

Veteranen, Obdachlose und junge Erwachsene, die kürzlich aus einer Pflegefamilie entlassen wurden, sollen von der SNAP-Arbeitsverpflichtung ausgenommen werden.

Die neuen Ausnahmen für die Arbeitspflicht wäre eine Verbesserung gegenüber dem derzeitigen Stand und vor allem für Obdachlose (einschließlich jenen, die in Notunterkünften leben oder vorübergehend in der Wohnung einer anderen Person wohnen) erstmalig eine SNAP-Leistung ohne Arbeitsanforderungen möglich. Die Ausnahmen können auch Familien helfen, die Versorgungsschwierigkeiten nach Auslaufen der Pandemie im März 2023 hatten (32 Bundesstaaten kürzten SNAP, was ungefähr 30 Mio. Personen betrifft).

Diese Regeln würden wohl zu einer Ausweitung des Empfängerkreises führen, vor allem bedingt durch die geänderten Ausnahmen.

Bundesstaaten können wie bisher in Gebieten mit unzureichenden Arbeitsplätzen auf Arbeitsanforderungen verzichten, allerdings gibt es hier neue Regeln. Bislang konnten sie eine begrenzte Anzahl von Personen von der Arbeitsanforderung befreien. Nicht in Anspruch genommene Ausnahmeregelungen konnten von den Staaten auf unbestimmte Zeit übertragen werden, sodass sie sie für künftige Jahre sammeln können. Nach dem nun verabschiedeten Fiscal Responsibility Act erhalten die Bundesstaaten jedoch weniger Geld und weniger monatliche Freistellungen und können ungenutzte Freistellungen nur noch ein Jahr lang übertragen.

Dies führt zu einer Ausweitung der Personen, die die Arbeitsanforderungen erfüllen müssen.

Arbeitsanforderungen im TANF-Programm

Im TANF-Programm (seit 1997) wird bedürftigen Familien vorübergehend Bargeld bereitgestellt. Die vorgesehenen Änderungen können sich in den Bundesstaaten unterschiedlich auswirken. Sie legen ihre eigenen Programme für die Leistungen fest, wobei die Bundesstaaten aber sicherstellen müssen, dass mindestens 50 Prozent der TANF-EmpfängerInnen arbeiten. Die Staaten können diese 50-Prozent-Grenze effektiv senken, je nachdem, wie stark ihre Fallzahlen seit 2005 zurückgegangen sind. Nach dem Fiscal Responsibility Act wird das Vergleichsjahr auf 2015 festgelegt. Das zwingt mehr Bundesstaaten, ihre Arbeitsanforderungen entsprechend zu erhöhen.

Durch die neue Regelung würde die Bundesregierung weniger Mittel an die Bundesstaaten zahlen, weil einige die Arbeitsanforderungen (50 %-Grenze) nicht erfüllen können. Denn wenn jemand von der Arbeitspflicht befreit wird (z. B. Wegen psychischen Problemen), muss eine weitere Person, die die Arbeitsanforderungen erfüllt, nachgewiesen werden, um die 50 %-Grenze zu erreichen. So erhalten bisher schon nur wenige arbeitende Familien TANF-Leistungen.

Vorläufiges Fazit

Durch die Ausnahmeregelungen wird der Genehmigungsprozess von SNAP und TANF noch bürokratischer, um festzustellen, ob jemand leistungsberechtigt ist und ob die Ausnahmen greifen.

In diesem Kontext sind in früheren Jahren in den USA workfare-Strategien (z. B. Wisconsin works) eingesetzt worden (einschließlich „Wer nicht arbeitet, soll nicht essen bzw. bekommt keine Lebensmittelmarke“), die als Vorbild für das Fördern und Fordern in Deutschland herangezogen worden sind.

Der Sprecher des Repräsentantenhauses McCarthy (GOP) und weitere Republikaner sind überzeugt, dass die Änderungen bei SNAP und TANF dazu führen, dass mehr Menschen nun Arbeit aufnehmen. Die Demokratische Partei trägt zumindest die vorgeschlagenen Änderungen mit.

Der Text wurde am 3.6.2023 aktualisiert, nachdem der Fiscal Responsibility Act nun auch vom US-Senat beschlossen wurde.

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