Corona und Sozialdienstleister – finanzielle Absicherung?

Zahlreiche Sozialdienstleister sind durch behördliche Einschränkungen in ihrer Existenz bedroht. So sind bspw. die arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen der Jobcenter ausgesetzt worden. Und Bildungseinrichtungen sind durch behördliche Anordnung gezwungen zeitweise ihren Betrieb zu schließen.

Die gemeinnützigen Träger insbesondere verfügen häufig nicht über so umfangreiche Rücklagen, um laufende Kosten (Miete, Personal usw.) daraus finanzieren. Das Vergaberecht lässt keine gute Lösung zu. Allenfalls das Zuwendungsrecht ist hier flexibel genug, was aber in den letzten Jahren immer stärker zurückgedrängt wurde.

Gleichzeitig haben die Jobcenter auch ein Interesse daran, dass die „Hartz-IV“-EmpfängerInnen nicht alleine auf sich gestellt sind. So soll telefonische Beratung und Coaching weiterhin ermöglicht werden. Dafür fehlt allerdings bisher die Rechtsgrundlage.

Auf diese Problemanzeigen hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zügig reagiert und einen Gesetzentwurf auf den Weg gebracht, der dieses Problem lösen soll. Im Sozialdienstleister-Einsatzgesetz sind Hilfen vorgesehen, die mehr sind als die bisher eher pragmatischen „Krücken“. Ob sie tragfähig genug sein werden, wird sich zeigen.

Am 25.3.2020 soll der Entwurf vom Bundestag verabschiedet werden, danach vom Bundesrat am 27.3.2020. Viel Zeit für die Beratung bleibt demnach nicht. Auf der anderen Seite brauchen die Träger sehr schnell die Gewißheit, dass sie weiter arbeiten können.

Hier die wesentlichen Auszüge aus dem Gesetzesentwurf. Wie bei jedem Entwurf in einem Gesetzesverfahren und wie bei jeder Entscheidung im aktuellen Umgang mit SARS-CoV2 kann sich stündlich etwas ändern.

Aktualisierte Datei: hier Fassung, wie vom Bundeskabinett am 24.3.2020 beschlossen

Aktualisiert am 26.3.2020

  1. In der Gesetzesbegründung der Bundestagsdrucksache 19/18107 vom 24.3.2020 zu §4 in Art. 10 steht, dass der Erstattungsanspruch frühstens drei Monate nach dem Ende des besonderen Sicherstellungsauftrags entsteht. In § 5 zu Art. 10 steht, dass dieser Sicherstellungsauftrag zum 30.9.2020 endet. Demnach würden die Träger die Erstattung erst ab dem 1.1.2021 bekommen.
    In der Konsequenz wäre das für viele Träger aktuell keine Hilfe, weil die Erstattung zu spät kommt.
  2. Bei den in § 2 zu Art. 10 in der Gesetzesbegründung erwähnten Rechtsverhältnisse sind Gutscheinmaßnahmen (AVGS, FbW) anscheinend nicht erhalten.
    Für Gutschein-Maßnahmen erhalten die Träger demnach wohl nichts.

Aktualisiert am 29.3.2020

Das Wichtigste in Kürze:

Der Bundestag hat dem

Gesetz für den erleichterten Zugang zu sozialer Sicherung und zum Einsatz und zur Absicherung sozialer Dienstleister aufgrund des Coronavirus SARS-CoV-2
(Sozialschutz-Paket)   

zugestimmt.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben in ihrer Stellungnahme im Ausschuss für Arbeit und Soziales auf sozial- und arbeitsmarktpolitische Leerstellen aufmerksam gemacht. Unklar sei z. B., ob Integrationsunternehmen von dem Paket (Art. 10) ausreichend erfasst würden.

Der Bundesrat hat am 27.3.2020 der Bundestagsdrucksache ohne Änderung zugestimmt.

Damit ist die Drucksache Nr. 19/18107 idF vom 24.3.2020 beschlossen.

Aufgrund einer Fülle von unbestimmten Rechtsbegriffen wird gegenwärtig vom Bund versucht, durch eine FAQ-Liste die Auslegung zu steuern.

Außerdem externe Links:

https://www.bagarbeit.de/themen/sozialer-arbeitsmarkt/presseschau-13-14-kalenderwoche/03/2020/

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Risikoanalyse „Pandemie durch Virus Modi-SARS“ gibt Hinweise zum Umgang mit SARS-CoV-2

Der Bericht zur Risikoanalyse im Bevölkerungsschutz 2012 ist eine Bundestagsdrucksache (Nr. 17/12051), die dem Bundestag 2013 vorlegt wurde.

Darin enthalten ist das Ergebnis der Risikoanalyse „Pandemie durch Virus Modi-SARS“. Dieses gibt Hinweise auf den aktuellen Umgang mit dem Virus SARS-CoV-2. Ab S. 55.

Die Auswirkungen auf die Erwerbstätigen und Volkswirtschaft sind erheblich; dies gilt aber auch für alle anderen Schutzgüter.

BT-Drs. 17/12051
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Corona und Umgang mit arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen

Das BMAS hat am 19.3.2020 erste Informationen zum Umgang mit Maßnahmen veröffentlicht, die differenzierter sind als die bisherigen Mitteilungen. Sie gehen auf die unterschiedlichen Maßnahmetypen (Projektförderung, Vergabe, Gutschein). Und sie betreffen beide Rechtskreise SGB III und SGB II. Gültig sind diese Informationen bis zum 31.3.2020

Auch wenn der Titel des Dokuments „Informationen“ trägt, werden sich vermutlich die meisten Jobcenter daran orientieren, um größtmögliche Rechtssicherheit zu haben. Damit bleiben regionale Abweichungen aber auch im Rahmen des aktuellen Spielraums möglich.

Darin nicht geregelt sind die Fragen zur Vergütung von Maßnahmen. Informationen dazu werden wohl in Kürze kommen.

Hier die erste Informationen zum Umgang mit Maßnahmen Stand 19.3.2020:

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COVID 19-Fälle in Deutschland

Die Zahl der COVID 19-Fälle nimmt in Deutschland epidemisch zu. Stand 12.3.2020 sind 1.556 Personen erkrankt, drei Personen sind an dieser Krankheit gestorben.

Quelle der Daten: European Centre for Disease Prevention and Control
Quelle der Daten: European Centre for Disease Prevention and Control

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Arbeitsplatzangebot aus Sicht von Frauen und Männern

Empirische Verhältnisse werden subjektiv verschieden wahrgenommen. Unterschiede, beispielsweise in der Einschätzung der Versorgung mit verschiedenen Bereichen am Wohnort, zeigen sich insbesondere geschlechtsbedingt.

Im Rahmen der Befragung „Demografischer Wandel in Deutschland“ wurden 2017 570 Männer und 634 Frauen befragt, wie sie das Arbeitsplatzangebot am Wohnort einschätzen (Ergebnisse einer Repräsentativuntersuchung im Auftrag des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung, POLIS).

Den Angaben zufolge bewerten Frauen das Arbeitsplatzangebot am Wohnort deutlich schlechter als Männer.

Genauso unterschiedlich ist die Einschätzung der beruflichen Chancen am Wohnort. Auch hier nehmen Frauen die örtliche Lage deutlich schlechter wahr.

Die deutlich unterschiedlichen Sichtweisen zeigen nicht nur die Bedeutung geschlechtssensibler Statistiken, sondern auch die notwendige Berücksichtigung der subjektiven Sichtweise von objektiven Daten wie die des Arbeitsmarktes in der Berichterstattung.

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Gute Konjunktur geht an arbeitslosen Ausländern vorbei

Die 2010er Jahre waren wirtschaftlich durch eine positive Konjunkturentwicklung geprägt. Diese hat mit dazu beigetragen, dass die Zahl der Arbeitslosen zurückgegangen ist. Allerdings ging diese Entwicklung an den arbeitslosen Ausländerinnen und Ausländern vorbei. Der Trend zeigt – deutlich von der Gesamtentwicklung verschieden – eine steigende Anzahl von arbeitslosen Ausländerinnen und Ausländern seit den 1990ern.

Quelle: Daten der Statistik der Bundesagentur für Arbeit

Dies wird auch nicht durch Förderprogramme und das Teilhabechancengesetz (vgl. bspw. ESF-Langzeitarbeitslosenprogramm, Eingliederung von Arbeitslosen, Soziale Teilhabe am Arbeitsmarkt) kompensiert, da deren Umfang zu klein ist und Ausländerinnen und Ausländern dort unterrepräsentiert sind. Offensichtlich besteht weiterer Handlungsbedarf.

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Suizid und Arbeitslosigkeit

Suizid ist eine viel häufigere Todesursache als man der Berichterstattung nach vermuten würde. Die Berichterstattung in der Presse ist zur Vermeidung von Nachahmereffekten zurückhaltender. So sind Todesfälle durch Verkehrsunfälle wesentlich präsenter und die damit verbundenen Präventionsmaßnahmen wesentlich umfangreicher. In 2017 gab es über 9.200 Suizide und rund 3.300 Verkehrstote.

Die Zahl der Suizide pendelt in Deutschland seit vielen Jahren um die 10.000 und zeigt keinen wesentlichen Rückgang. In anderen Ländern war die Entwicklung positiver (z. B. fiel die Suizidrate in Finnland von rd. 23 % in 1999 auf unter 15 % in 2017). Der langjährige Mittelwert (1999 bis 2017) liegt bei 10.300 Suiziden in Deutschland.

Quelle: Statistisches Bundesamt

Die Datenlage und Forschungssituation zu diesem Thema ist nicht sehr gut. Bekannt ist, dass Ältere und Männer häufiger sich selbst töten. In 2017 war das Verhältnis der Männer zu Frauen 3 zu 1.

Belegt ist auch ein positiver Zusammenhang zwischen Arbeitslosigkeit und Suizidrate: Steigt die Arbeitslosigkeit, nimmt die Suizidrate mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung zu; sinkt die Arbeitslosigkeit, geht auch die Suizidrate zurück. Dies zeigte u. a. eine Studie der Universität Zürich (Nordt, Carlos u. a. : Modelling suicide and unemployment: a longitudinal analysis covering 63 countries, 2000–11. In: The Lancet Psychiatry, 2015, S. 239-245). Und die Studie stellte darüber hinaus fest, dass die mit der Arbeitslosigkeit verbundenen Selbstmorde neunmal so häufig wie die der jüngsten Wirtschaftskrise (2008) waren.

Präventionsstrategien, die sich auf Arbeitslose und auf die Beschäftigung und ihre Bedingungen konzentrieren, sind nicht nur in schwierigen Zeiten, sondern auch in Zeiten einer stabilen Wirtschaft notwendig. Dass Suizid-Prävention wirken kann, zeigen zahlreiche Länder, darunter die Schweiz, deren Suizidrate nach der Einführung eines Präventionsplans seit 1990 um 48% gefallen ist. Bisher sind allerdings die Akteure der Arbeitsmarktpolitik kaum in die Prävention von Suiziden oder der Wiederholung von Suizidversuchen involviert. Maßnahmeträger, Jobcenter und Arbeitsagenturen sollten sich stärker mit der Prävention von Suizid auseinandersetzen und geeignete Aktivitäten einleiten.

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Kurzarbeit 2019 auf hohem Niveau

Bei vorübergehendem, aber erheblichem Arbeitsausfall (insbesondere fehlenden Aufträgen) kann Kurzarbeit ein Instrument sein, um Kündigungen zu vermeiden. Unter bestimmten Voraussetzungen erhalten die betroffenen Beschäftigten für den Verdienstausfall eine anteilige Lohnersatzleistung aus der Arbeitslosenversicherung, das Kurzarbeitergeld. Die Unternehmen müssen dazu Kurzarbeit bei der Agentur für Arbeit anmelden (anzeigen). Wird der Kurzarbeit zugestimmt, werden die Unternehmen dadurch bei den Personalkosten entlastet.

Die angezeigte Kurzarbeit ist zugleich ein Frühindikator für zurückgehende Auftragseingänge. Da das Kurzarbeitergeld auf 12 Monate Bezugsdauer begrenzt ist, können länger anhaltende Auftragsausfälle zu Kündigungen und Arbeitslosigkeit führen.

Seit dem Sommer 2018 nimmt die Zahl der Personen, die von der von den Unternehmen angezeigten Kurzarbeit betroffen sind, zu.

Die monatlichen Durchschnittswerte in 2019 lagen (rd. 31.000) mehr als doppelt so hoch als in 2018 und 2017 (je rund 12.000). Im August 2019 war Kurzarbeit für rund 26.500 Beschäftigte angezeigt (im Vorjahresmonat 2018: rund 15.000) und im September hat sich die Zahl sprunghaft auf 57.176. erhöht und damit gegenüber dem Vormonat mehr als verdoppelt. Gegenüber dem Vorjahrsmonat hat sich die Zahl der angezeigten Personen in Kurzarbeit sogar mehr als vervierfacht. Im vierten Quartal ging die Zahl etwas zurück, blieb aber weiter hoch.

Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit

Das hohe Niveau in 2019 zeigt sich auch im Vergleich der Jahressummen.

Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit

Die Entwicklung der angezeigten Kurzarbeit lässt eine Dämpfung der Erwartungen in den Unternehmen zur Konjunktur nicht unrealistisch erscheinen. Deshalb überlegt die Bundesregierung die Dauer des Kurzarbeitergeldbezugs zu verlängern. Das soll aber nur bei einer Störung des gesamten Arbeitsmarktes möglich sein. Und die gibt es (noch) nicht.

(Aktualisierung des Beitrags vom 31.10.2019)

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Übernahme von Wohnungsbeschaffungs- und Umzugskosten durch Jobcenter

Die Jobcenter können Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten als Bedarf nach dem SGB II (sog. Hartz IV) anerkennen und übernehmen (§ 22 Absatz 6 des SGB II).

In 2018 gab es 3.092.540 Bedarfsgemeinschaften (BG) im Jahresdurchschnitt (JD), wovon 17.982 einen anerkannten Bedarf an Wohnungsbeschaffungs- und Umzugskosten hatten. Der Anteil der Bedarfsgemeinschaften mit einem solchen anerkannten Bedarf reicht von 0,08 Prozent in Hamburg bis zu 0,16 Prozent in Sachsen-Anhalt, der damit doppelt so hoch ist. Der bundesweite Durchschnitt liegt bei 0,12 Prozent.

Quelle Statistik der Bundesagentur für Arbeit; Bundestagsdrucksache 19/15225; eigene Berechnungen

Die Summe dieser monatlichen Bedarfe belief sich auf durchschnittlich ca. 15 Mio. Euro, was einem Jahreswert von rund 181 Mio. Euro entspricht. Zwischen den Bundesländern streut die anerkannte monatliche Höhe dieses Bedarfs je Bedarfsgemeinschaft sehr stark. Der niedrigste Wert pro Bedarfsgemeinschaft liegt bei 162 Euro in Berlin und 4.603 Euro im Saarland. Der Durchschnitt pro BG in Deutschland liegt bei 838 Euro im Monat.

Quelle Statistik der Bundesagentur für Arbeit; Bundestagsdrucksache 19/15225; eigene Berechnungen

Interessant ist es, dass in Berlin mit einem sehr geringen Betrag Wohnungen beschafft und Umzüge finanziert werden können. Im Falle des Saarlandes ist anzunehmen, dass häufiger als in anderen Bundesländern Mietkautionen übernommen werden und der Bedarf dafür nicht als Darlehen gedeckt wird oder dass Mietschulden häufiger anerkannt werden. Zu vermuten ist außerdem, dass es innerhalb der Bundesländer ebenfalls starke Unterschiede (z. B. Stadt/Land) gibt.

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Struktur der Arbeitgeber bei Teilhabe am Arbeitsmarkt

Offensichtlich hat der Bund zum Jahresende eine Erhebung durchführen lassen, um zu erfahren, wie die Struktur der Arbeitgeber bei dem Förderinstrument „Teilhabe am Arbeitsmarkt“ (gem. §16i SGB II) aussieht. Demnach setzen sich die Arbeitgeber wie folgt zusammen:

  • etwa 70 Prozent im privaten Sektor
  • 19 Prozent öffentliche Arbeitgeber
  • 7 Prozent kirchliche Arbeitgeber

Unter ihnen liegt der Anteil der sog. Beschäftigungsträger insgesamt bei etwa einem Drittel.

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