Seit dem 1.1.2019 gelten neue Instrumente zur Förderung der Beschäftigung von Langzeitarbeitslosen und Langzeitleistungsbeziehenden bzw. deren Arbeitgeber. Im SGB II wurden durch das sog. „Teilhabechancengesetz“ der § 16e verändert und § 16i neu eingeführt (zur Vorgeschichte).
Insbesondere § 16i SGB II mit der Bezeichnung „Teilhabe am Arbeitsmarkt“ stand und steht im Fokus der Diskussion. Im folgenden werden aus den verfügbaren Daten Hinweise auf die Entwicklung dieses Förderinstruments gegeben (Daten der Statistik der Bundesagentur für Arbeit, Berichtsmonat August 2019, Datenstand November 2019, vgl. erste Hinweise zum März 2019).
Zum 1.1.2019 ist das sog. Teilhabechancengesetz in Kraft getreten. Mit ihm wurde u. a. der §16e SGB II geändert. Mit der neuen Regelung ist die Förderung von Langzeitarbeitslosen bzw. deren Arbeitgeber durch Lohnkostenzuschüsse gegenüber der vorherigen Regelung vereinfacht worden. Bis zum August 2019 sind rund 6.000 Langzeitarbeitslose bei Arbeitgebern gefördert worden. Welche Merkmale weisen diese Geförderten auf?
Zum letzten Jahrzehnt Hartz IV lässt sich vieles sagen. Angefangen vom Urteil des Bundesverfassungsgerichts 2010, wonach die Kosten für Bildung und Teilhabe von Kindern von ALG-II-Empfängern nicht angemessen berücksichtigt werden und die Berechnung der SGB-II-Leistungen generell nachvollziehbar erfolgen muss, und beendet mit einem weiteren Urteil des Bundesverfassungsgerichts im November 2019, wonach die Sanktionsregelungen im SGB II 15 Jahre lang teilweise rechtswidrig waren. Im folgenden soll die Entwicklung der Bedarfsgemeinschaften, die Leistungen von den Jobcenter beziehen, im Mittelpunkt stehen.
Für das Jahr 2019 bedanke ich mich für Ihr Interesse und für die Zusammenarbeit mit Ihnen. Im neuen Jahr freue ich mich auf interessante Veranstaltungen und Ergebnisse aus Evaluationen. Ich wünsche Ihnen besinnliche und fröhliche Fest- und Feiertage, die uns gestärkt ins neue Jahrzehnt gehen lassen.
Andreas Hammer
Veröffentlicht unterUncategorized|Verschlagwortet mitGreetings|Kommentare deaktiviert für 2020
Der Internationale Tag der Menschen mit Behinderung am 3. Dezember jedes Jahres ist ein Gedenk- und Aktionstag der Vereinten Nationen. Er soll der Öffentlichkeit die Situation von Menschen mit Behinderung bewußtmachen und ihre Inklusion fördern.
Zur Inklusion gehört auch die Teilnahme am Erwerbsleben (Artikel 27 des Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen der Vereinten Nationen) und die Vermeidung von Arbeitslosigkeit. Damit ist es allerdings in Deutschland trotz guter Wirtschaftssituation in den letzten Jahren nicht gut bestellt.
Seit dem 1.1.2019 bieten die §§ 16e und 16i SGB II Instrumente zur Eingliederung von Langzeitarbeitslosen und Langzeitleistungsbeziehenden an (sog. „Teilhabechancengesetz“).
Für den November 2019 hochgerechnet werden rd. 33.100 Personen nach §16i SGB II (Teilhabe am Arbeitsmarkt) gefördert und rund 7.700 Personen nach §16e SGB II (Eingliederung von Langzeitarbeitslosen), zusammen ca. 40.800 Geförderte (Bestandszahlen).
Die Austritte aus der Teilhabe am Arbeitsmarkt oder der Eingliederung von Langzeitarbeitslosen können derzeit nicht nach Austrittsgründen dargestellt werden. Dies ist für das erste Quartal 2020 geplant. Die Bundesregierung geht davon aus, „dass derzeit alle Austritte aus Förderung, vorzeitige Beendigungen sind. Bei der Teilhabe am Arbeitsmarkt wurden rund 1.000 Förderungen beendet und bei der Eingliederung von Langzeitarbeitslosen rund 230.“ (Bundestags-Drucksache 19/14003 vom 14.10.2019)
Das wäre eine Abbruchquote von bislang etwa 3,5%. Diese wird sicher deutlich zunehmen, wenn eine nennenswerte Anzahl von Geförderten am Ende ihrer Probezeit stehen wird.
Eine Besonderheit bei der Auswertung der Daten ist, dass die Statistik eine Übererfassung aufweist. Bundesweit sind etwa 5,4% der Förderungen zur Teilhabe übererfasst. Dies liegt daran, dass manche Jobcenter sowohl die Lohnförderung als auch die Begleitung jeweils als eigene Förderung erfasst haben. Dies wird korrigiert werden. Die Statistik der Bundesagentur für Arbeit weist diese Überfassung nach Region aus. Die Streuung ist dabei sehr groß, auch wenn nicht viele Jobcenter betroffen sind. Im November 2019 hatte ein Jobcenter eine Überfassung von 177%. Das ist bei lokalen Betrachtungen zu berücksichtigen.
Waren zuletzt Organisationen wie Attac von Einschränkungen bei der Gemeinnützigkeit betroffen, hat nun ein aktuelles Gerichtsurteil des Bundesfinanzhof Auswirkungen auf Beschäftigungs- und Bildungsträger.
Der Haushaltsausschuss des Bundestags hat am 15.11.19 Erhöhungen des Einzelplans 11 (BMAS) ggü. dem Regierungsentwurfs für den Haushalt 2020 beschlossen.
So fällt unter anderem der Ansatz „Beteiligung des Bundes an den Leistungen für Unterkunft und Heizung“ (Titel 632 11 – 252) mit sieben Milliarden Euro um 800 Millionen Euro höher aus als im Regierungsentwurf.
Beim Arbeitslosengeld II wird im kommenden Jahr nun mit Ausgaben in Hohe von 20,9 Milliarden Euro gerechnet. Das sind 700 Millionen Euro mehr als im Regierungsentwurf.
Offensichtlich rechnet der Bund mit einer höheren Zahl von Leistungsberechtigten als bisher geplant. Und das bei einer positiven Rate des Wirtschaftswachstums.
Veröffentlicht unterArbeitsmarkt, SGB II|Verschlagwortet mitBundeshaushalt|Kommentare deaktiviert für Bundeshaushalt 2020 – mehr Geld für das SGB II
Stehen sog. 1-Euro-Jobs (Arbeitsgelegenheiten nach § 16d SGB II)
schon seit Jahren in der Diskussion der Arbeitsmarktpolitik als
Förderinstrument, sind zum 1.8.2016 Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen
(Hammer 2017b, 2017d, Hammer 2018) als Arbeitsgelegenheiten nach §
5a Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) hinzugekommen. Weniger in
der öffentlichen Wahrnehmung finden sich die Arbeitsgelegenheiten
nach § 5 AsylbLG. Diese existieren ebenfalls schon seit Jahren.
Dieser Instrumententyp soll im folgenden beleuchtet werden.
1. Ausgestaltung der Arbeitsgelegenheiten nach §
5 AsylbLG
Arbeitsgelegenheiten gem. § 5 AsylbLG werden seit 1993 von den für Asyl zuständigen Behörden umgesetzt, in der Regel von Sozialämtern. Es sind zusätzliche Arbeiten, allerdings ohne die Anforderung des öffentlichen Interesses und der Wettbewerbsneutralität. Die gesetzliche Formulierung wurden den Paragraphen des Bundessozialhilfegesetzes nachgebildet.
Nach § 5 (1)
AsylbLG sollen in Aufnahmeeinrichtungen im Sinne des § 44 des
Asylgesetzes und in vergleichbaren Einrichtungen Arbeitsgelegenheiten
insbesondere zur Aufrechterhaltung und Betreibung der Einrichtung zur
Verfügung gestellt werden. Davon unberührt bleibt die Verpflichtung
der Leistungsberechtigten, Tätigkeiten der Selbstversorgung zu
erledigen. Im übrigen sollen soweit wie möglich
Arbeitsgelegenheiten bei staatlichen, bei kommunalen und bei
gemeinnützigen Trägern zur Verfügung gestellt werden, sofern die
zu leistende Arbeit sonst nicht, nicht in diesem Umfang oder nicht zu
diesem Zeitpunkt verrichtet werden würde.
Für die zu leistende Arbeit sowohl in
einer Einrichtung, als auch bei den öffentlichen Trägern wird eine
Aufwandsentschädigung von 0,80 Euro je Stunde (bis zum 6.8.2016:
1,05 Euro) gezahlt (§ 5 Abs. 2 AsylbLG) und die Arbeitsgelegenheit
ist zeitlich und räumlich so auszugestalten, dass sie auf zumutbare
Weise und zumindest stundenweise ausgeübt werden kann (§ 5 Abs. 3
AsylbLG).
Leistungsberechtigte, die nicht erwerbstätig und nicht mehr im
schulpflichtigen Alter sind, können zur Wahrnehmung einer zur
Verfügung gestellten Arbeitsgelegenheit verpflichtet werden. Bei
einer unbegründeten Ablehnung einer solchen Tätigkeit besteht kein
Anspruch auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (§ 5
Abs. 4 AsylbLG).
Ein Arbeitsverhältnis im Sinne des
Arbeitsrechts und ein Beschäftigungsverhältnis im Sinne der
gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung werden nicht begründet.
§ 61 Abs. 1 des Asylgesetzes sowie asyl- und ausländerrechtliche
Auflagen über das Verbot und die Beschränkung einer
Erwerbstätigkeit stehen einer Tätigkeit nach den Absätzen 1 bis 4
nicht entgegen. Die Vorschriften über den Arbeitsschutz sowie die
Grundsätze der Beschränkung der Arbeitnehmerhaftung finden
entsprechende Anwendung. (§ 5 Abs. 5 AsylbLG).
Aus dem Absatz 1 ergibt sich, dass eine Eingliederung in den Arbeitsmarkt nicht beabsichtigt ist. Aus dem Absatz ergibt sich darüber hinaus eine Bereitstellungsverpflichtung von Arbeitsgelegenheiten, die zudem für staatliche, kommunale und gemeinnützige Träger gilt. Diese Verpflichtung wird lediglich begrenzt durch den Vorbehalt des Möglichen und durch das Erfordernis der Zusätzlichkeit. Die Prüfung der Zusätzlichkeit erfolgt durch die für das Asylbewerberleistungsgesetz zuständige Behörde.
Nach der Begründung des Entwurfs für das
Asylbewerberleistungsgesetz dienen Arbeitsgelegenheiten in
Aufnahmeeinrichtungen und vergleichbaren Einrichtungen dazu, das in §
3 Abs. 1 AsylbLG verankerte Sachleistungsprinzip im Sinne einer
vermehrten selbstversorgenden Tätigkeit zu ergänzen. Daher wird für
Arbeitsgelegenheiten in solchen Einrichtungen auch nicht
vorausgesetzt, dass sie gemeinnütziger und zusätzlicher Art sind.
Insbesondere die Arbeitsgelegenheiten in Einrichtungen nach § 5 Abs.
1 Satz 1 AsylbLG dienen zudem der Reduzierung von Kosten, die durch
reguläre Arbeitskräfte beim Betrieb der Einrichtung entstehen
würden. Arbeitsgelegenheiten nach diesem Gesetz sind allerdings
nicht nur als Verpflichtung zu betrachten, sondern auch als Leistung
bzw. Möglichkeit zu verstehen ist, sich zu betätigen und die
gegenwärtige Situation in begrenztem Maße zu gestalten und
finanziell zu verbessern.
2. Umfang der Arbeitsgelegenheiten nach § 5 AsylbLG
Die Datenlage Arbeitsgelegenheiten nach § 5 AsylbLG ist
vergleichsweise dünn, sowohl was die Differenzierung der Daten wie
auch der Häufigkeit der Veröffentlichung betrifft. Für diese
Darstellung wurden Daten vom Statistischen Bundesamt genutzt.
Im Jahr 2018 betrug die Zahl der Arbeitsgelegenheiten nach § 5 AsylbLG zum Stichtag 31.12.2018 1.465. Diese Zahl wurde seit 2016 mehr als halbiert und ist unter den Stand von 2013 gesunken.
Empfänger und Empfängerinnen von AGH nach § 5 AsylbLG; Quelle: Destatis, Stand 30.9.2019
Die Veränderungsraten bei den Asylbwerber/-innen führt nicht zu einer ähnlichen Änderungen des Umfangs der AGH nach § 5 AsylbLG.
Der geringe Umfang dieses Instruments zeigt, dass die Kommunen nur in marginalen Umfang auf diese Möglichkeit zurückgegriffen haben und der Anstieg der Asylbewerberzahlen hier auch keine Änderung mit sich gebracht hat. Maßnahmeträger können ihre Maßnahmekosten erstattet bekommen, allerdings war das oftmals nicht der Fall oder auf einem sehr niedrigen Niveau. Deshalb gibt es auch von deren Seite keinen Anreiz zur Nutzung dieses Instrumentes. Es besteht insgesamt der Eindruck, dass die Bereitstellungsverpflichtung des Gesetzes nicht befolgt wurde.
Aufgrund der geringen Zahl haben diese AGH in der öffentlichen Diskussion um Sinn und Nutzen von AGH keine Rolle gespielt (Hammer 2017a).