Arbeitsmarktpoltisch wird immer wieder das Instrumentarium verändert, um Langzeitarbeitslose in Arbeit zu integrieren. Insbesondere Programme, die vor allem durch den Europäischen Sozialfonds (ESF) gefördert sind, kommen und gehen. Im SGB II werden in der Regel Lohnkostenzuschüsse an Arbeitgeber gezahlt, mit wechselnden Bezeichnungen und Förderkonditionen. Für einen Erfolgsvergleich kann die jeweilige Eingliederungsquote herangezogen werden.
Wie schneiden die wesentlichen Eingliederungsinstrumente für Langzeitarbeitslose im Vergleich ab?
Die Bundesregierung hat im Dezember 2020 den Entwurf für den Deutschen Aufbau- und Resilienzplan (DARP) veröffentlicht. Mit dem Deutschen Aufbau- und Resilienzplan will die Bundesregierung zur Überwindung der Corona-Krise und zur Zukunftssicherung in Deutschland und Europa beitragen. Ein solcher Plan ist Voraussetzung um Mittel aus dem Aufbauinstrument Next Generation EU in Höhe von 750 Mrd. € (EU-weit) und dessen größtem Ausgabeninstrument – der Aufbau- und Resilienzfazilität (ARF) mit einem Volumen von 672,5 Mrd. € (EU-weit) – zu bekommen.
Darin kommt ein Kapitel mit der Überschrift „Schwerpunkt 3: Digitalisierung der Bildung“. Dieser Schwerpunkt kommt mit weniger als 2 Seiten aus. Mit dem „Schwerpunkt“ sollen gefördert werden
Lehrer-Endgeräte
Bildungsplattform (i. V. m. digitalem Bildungsraum)
Bildungskompetenzzentren
Modernisierung der Bildungseinrichtungen der Bundeswehr
Nach einem Jahr Pandemie ist man beim Bund noch nicht viel weiter gekommen.
Erst mit dem Sozialschutz-Paket III (März 2021 verabschiedet) wurde eine unzureichende Finanzlösung für Schüler*innen für digitale Lernmittel gefunden, unter denen die finanziell armen Kinder seit einem Jahr home schooling ohne diese Geräte machen.
Die Serverkapazitäten für Schulen sind teilweise immer noch nicht ausreichend, die Datenverbindungen nicht dauerhaft stabil und schnell, die IT-Sicherheit nicht vollständig (s. Verschiedene „Angriffe“ auf die Lernplattformen). In kaum einer Gemeinde sieht man Arbeiter*innen die Breitbandverkabelung auszubauen.
Im „Schwerpunkt 4: Stärkung der sozialen Teilhabe“ sind aufgeführt:
Auf das hier verwiesene Förderprogramm „Ausbildungsplätze sichern“ wirkt bis heute noch nicht richtig (siehe hier und hier).
Die aufgeführte „Sozialgarantie 2021“ soll unter anderem Fehlanreize, die der Aufstockung der Arbeitszeit entgegenstehen, vermeiden – das angesichts zunehmender Langzeitarbeitslosigkeit (siehe hier) und einem weiter großen Umfang an Kurzarbeit.
Mit oder ohne Corona-Krise: die Unterbeschäftigung (Arbeitslosigkeit, Stille Reserve, Kurzarbeit, Teilnahme in Maßnahmen der Arbeitsverwaltung) und damit die Teilhabe an und durch Arbeit ist seit Jahrzehnten ein Problem, welches nicht grundsätzlich gelöst wurde. Die Pandemie verschärft dieses Problem (s. hier).
Im Trend nimmt die Zahl der Erwerbstätigen (abhängig Beschäftigte, Selbständige und andere Formen) zu. Auch das Arbeitsvolumen nimmt parallel zu. Allerdings ist die Zahl der Erwerbstätigen schneller gestiegen als das entsprechende Arbeitsvolumen.
Quelle der Daten: Statistik der Bundesagentur für Arbeit
Das bedeutet, dass die Zahl der Arbeitsstunden pro Erwerbstätigen über die Zeit gesunken ist.
Quelle der Daten: Statistik der Bundesagentur für Arbeit
Nimmt man die gesunkene Zahl der registrierten Arbeitslosen dazu, wird klar, dass dies vor allem mit einer Zuwachs an Teilzeiterwerbstätigkeit zu tun hat. Eine individuelle Teilzeittätigkeit ist könnte gesellschaftlich unproblematisch sein, wenn sie existenzsichernd entgolten werden würde. Die Armutsgefährdungsquoten zeigen (s. hier), dass dies häufig nicht der Fall ist. Weitere Daten zeigen, dass der deutsche Arbeitsmarkt durch einen großen Niedriglohnsektor geprägt ist (s. hier).
Wenn man nun die Unterbeschäftigung in einem größeren Umfang als bisher abbauen möchte, wäre eine Steigerung des Produktionsvolumen (das Produktionsniveau bestimmt das Beschäftigungsniveau bei gegebener Technik) nötig. Das würde eine Erhöhung der Wachstumsrate über den Produktivitätsanstieg hinaus erfordern, beispielsweise durch Stimulierung der Investitionstätigkeit. Allerdings ist eine Erhöhung der Wachstumsrate mit ökologische Problemen verbunden (Stichworte: globale Erwärmung, Biodiversität, Wasserknappheit u. a.). Die Senkung der durchschnittlichen Produktivität würde den Niedriglohnsektor noch mehr ausweiten und ist dauerhaft auch nicht realistisch oder von Vorteil (s. hier).
Kurzfristig ist eher eine Reduzierung der gesamtwirtschaftlichen Arbeitszeiten zielführend, wenn also das Arbeitsvolumen auf mehr Personen verteilt werden könnte. Das bedeutet eine andere Verteilung der Arbeit, indem die Zahl der Vollzeitbeschäftigten sinkt und die der Teilzeitbeschäftigten steigt, und zwar bei einen vollem Lohn- und Finanzierungsausgleich an dem die Arbeitgeber beteiligt sind.
Die registrierte Langzeitarbeitslosigkeit ist über einen längeren Zeitraum gesunken. In der Corona-Krise hat sie in kurzer Zeit wieder zugenommen. Im Februar 2021 wurde wieder die 1-Millionen-Grenze bei den Langzeitarbeitslosen (Rechtskreis SGB III und SGB II) überschritten, die zuletzt im Mai 2016 erreicht war.
Zwischen Mai 2016 bis zum März 2020 sank die Langzeitarbeitslosigkeit um rund 300.000 Personen (-297.948). In 47 Monaten sank der Wert auf 70,4 % des Mai-2016-Werts.
Die Zahl der Arbeitslosen insgesamt sank um -328.647 Personen (darin sind die Langzeitarbeitslosen eingeschlossen) im gleichen Zeitraum.
Seit März 2020 steigt die Zahl der Langzeitarbeitslosen kontinuierlich. In 12 Monaten nahm die Langzeitarbeitslosenzahl von 708.728 im März 2020 auf 1.009.801 im Februar 2021 zu – eine Steigerung um 301.073 bzw. 42,5 %. Im gleichen Zeitraum stieg die Gesamtarbeitslosigkeit von 2.335.367 auf 2.904.413 – eine Steigerung um 569.046 oder 24,4 %.
Quelle der Daten: Statistik der Bundesagentur für Arbeit
Die Senkung der Langzeitarbeitslosigkeit von fast vier Jahren wurden in nur einem Jahr wieder rückgängig gemacht. Bei den Arbeitslosenzahlen insgesamt ist die Veränderung nicht so stark, weil die Kurzarbeit sich in den Zahlen nicht ausdrückt. Die Zahl der Arbeitslosen im Februar 2021 war zuletzt im Dezember 2019 (statt Mai 2016 bei den Langzeitarbeitslosen) so hoch. Der Anstieg war bei den Langzeitarbeitslosen schneller.
Nun bilden die Zahlen nicht das ganze Ausmaß der Arbeitslosigkeit ab. Im wesentlichen tragen Maßnahmenteilnahmen oder Kurzarbeit dazu bei, die Zahlen kleiner erscheinen zu lassen als die tatsächliche Betroffenheit. Die Bewertung der Entwicklung ist vor allem für die Langzeitarbeitslosigkeit negativer, wenn man berücksichtigt, dass die Teilnahme an einer Maßnahme oft die Zählung der Arbeitslosendauer unterbricht und nach der Maßnahme wieder neu angefangen wird. Würden solche Maßnahmen statistisch als durchgehend arbeitslos gewertet werden, wäre das Ausmaß größer und realistischer. Die entsprechenden Zahlen sind hier nicht abgebildet.
Aber auch so lassen sich die Herausforderungen aus den Trends ablesen.
Würde der Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit wie vor der Krise vonstatten gehen, würde es wieder vier Jahre dafür dauern, bis das Vor-Krisen-Niveau im Februar 2020 erreicht worden würde. Wenn die Zahl der Langzeitarbeitslosigkeit im März 2021 nicht mehr steigt, könnte dann im Februar 2025 wieder das Vor-Krisenniveau erreicht sein.
Das ist allerdings wenig realistisch. Zum einen dürfte die Pandemie ab März 2021 auf dem Arbeitsmarkt keine negativen Folgen mehr zeigen. Und die sehr gute Wirtschaftskonjunktur vor der Pandemie, müsste im gleichen Umfang wirken. Damit ist nicht zu rechnen.
Um eine weitere Verfestigung der Langzeitarbeitslosigkeit zu vermeiden, müsste gegengesteuert werden.
Die Zahl ist zum einen durch Maßnahmen zu beeinflussen, die die Zählung der Arbeitslosigkeitsdauer unterbricht. Das verändert die Zahlen, aber nicht die Wirklichkeit.
Eine andere Option besteht in einer öffentlich geförderten Beschäftigung. Das würde bedeuten, kurzfristig 300.000 Arbeitsplätze zu fördern, um zumindest das Vor-Krisen-Niveau zu erreichen.
Zieht man das 2019 eingeführte Instrument „Eingliederung von Langzeitarbeitslosen“ (§ 16e SGB II; EvL) heran, eines der wenigen arbeitsmarktpolitischen Instrumente, die zu einer versicherungspflichtigen Beschäftigung führen, dann sind die Herausforderungen noch besser zu erkennen. Im Bestand werden Anfang 2021 rund 12.000 Personen gefördert. Das ist sehr wenig im Vergleich zum Bedarf von 300.000 Arbeitsplätzen und nicht ausreichend.
Der Haushalt 2021 für die Arbeitsagenturen und Jobcenter sieht keinen wesentlich erhöhten Mittelansatz bei den Eingliederungsleistungen vor. Die zahlreichen Gesetzesänderungen während der Pandemie lassen die öffentlich geförderten Beschäftigung in ihrem Instrumentation unangetastet auf dem Vor-Krisen-Niveau, das von einer guten Wirtschaftsentwicklung flankiert war.
Darauf zu hoffen, dass die Langzeitarbeitslosen sich auf offene Stellen bewerben können ist keine tragfähige Alternative. Die Zahl der Erwerbstätigen ist zwischen März 2020 und Januar 2021 um 622.000 gesunken. Da die Arbeitslosigkeit im gleichen Zeitraum um 565.296 gestiegen ist, haben 57.000 Personen ihre Beschäftigung aufgegeben, ohne sich arbeitslos zu melden. Diese werden sicherlich wieder eine Beschäftigung aufnehmen, sobald es die Pandemie zulässt. Die Konkurrenz der Langzeitarbeitslosen (die dann teilweise schon sehr lange arbeitslos gewesen sein werden, verbunden mit entwerteter Qualifikation) mit der Stillen Reserve und den Arbeitslosen in wird jahrelang zu groß sein.
Deshalb braucht es eine öffentlich geförderte Beschäftigung in einem viel größeren Umfang als in den letzten Jahren. Zudem müssen die Fördervoraussetzungen für eine öffentlich geförderte Beschäftigung in diesem Zusammenhang auf einen Krisenmodus ausgerichtet werden. Dabei wird es 2021 und 2022 vorrangig nicht erwartbar sein, 300.000 Langzeitarbeitslose schnell und direkt in den allgemeinen Arbeitsmarkt dauerhaft zu vermitteln. Die öffentliche geförderte Beschäftigung sollte zumindest die betroffenen Langzeitarbeitslosen stabilisieren, weitere Qualifikationsverluste vermeiden, soziale Isolierung beenden und ihre künftigen Arbeitsmarkt- und Berufschancen verbessern.
Dies wird leichter gelingen können, wenn der Niedriglohnsektor zurückgebaut wird, den die öffentliche geförderte Beschäftigung nicht unterbieten sollte, und die Arbeitszeiten der Beschäftigten verkürzt werden.
Als Instrument des sog. Teilhabechancengesetzes soll der § 16e SGB II seit 1.1.20219 die Eingliederung von Langzeitarbeitslosen fördern (siehe auch hier und hier).
Im Februar 2021 betrug der Fallbestand 12.127 (vorläufige Zahl; Quelle der Zahlen: Statistik der Bundesagentur für Arbeit), die Zahl der Eintritte lag bei 296.
Seit September 2019 gehen die monatlichen Zugänge im Trend zurück (siehe auch hier). Diese Entwicklung setzt also bereits deutlich vor der Corona-Pandemie ein.
Im Februar 2021 gingen ebenfalls die Bestandszahlen zurück – das kann sich allerdings noch ändern, sobald die Zahlen nicht mehr vorläufig sind.
Quelle der Daten: Statistik der Bundesagentur für Arbeit
Insgesamt sind bislang rund 18.000 Personen über das Instrument gefördert worden. Andererseits sind rund 5.900 bereits wieder ausgeschieden, was ungefähr jeden Dritten eingetreten betrifft (32,8 Prozent).
Die nächsten Monate werden zeigen, ob der Bund mit dem Instrument sein Ziel erreicht. Denn die maximale Förderdauer eines Arbeitsvertrags beträgt 24 Monate und nach und nach läuft die Förderung aus.
Pessimistisch stimmen der hohe Anteil des vorzeitiges negativen Endes der geförderten Arbeitsverträge – hauptsächlich in Folge von Kündigungen der Arbeitgeber – und die teilweise kurze Teilnahmedauer der Geförderten (s. hier).
Es scheint sich bereits jetzt ein Änderungsbedarf bei der Ausgestaltung der Förderung abzuzeichnen.
„Teilhabe am Arbeitsmarkt“ (§ 16i SGB II) soll als Instrument des sog. Teilhabechancengesetzes seit 1.1.2019 die Teilhabe von Langzeitleistungsbeziehenden fördern (siehe auch hier). Dabei geht es um Personen, die in der Regel innerhalb der letzten sieben Jahre sechs Jahre Arbeitslosengeld II bezogen haben, unabhängig davon, ob sie arbeitslos waren oder nicht.
Im Februar 2021 waren 42.605 Förderfälle im Bestand (Zahl vorläufig; Quelle der Zahlen: Statistik der Bundesagentur für Arbeit), die Zahl der Eintritte lag bei 593.
Seit August 2019 (wenn man von den Ausnahmen August und September 2019 absieht, sogar seit April 2019) gehen die monatlichen Zugänge bei der Teilhabe am Arbeitsmarkt im Trend zurück (siehe auch hier und hier). Diese Entwicklung hat bereits deutlich vor Beginn der Corona-Pandemie eingesetzt. Der anfänglich schnelle Anstieg der Fallzahlen, lag auch daran, dass Teilnehmende aus vorangegangenen Förderprogramm mit §16 i SGB II weiter gefördert werden konnten.
Seit Dezember 2020 gehen auch die Bestandszahlen zurück – allerdings sind diese Daten vorläufig, sodass sich schließlich noch eine Steigerung gegenüber dem Dezember 2020 ergeben kann.
Quelle der Daten: Statistik der Bundesagentur für Arbeit
Der Rücknahme von Pandemie-bedingten Einschränkungen hat sich beim Teilhabechancengesetz nicht wesentlich ausgewirkt. Solange zahlreiche Arbeitgeber Kurzarbeit nutzen (s. hier), werden sie eher nicht Langzeitarbeitslose und Langzeitleistungsberechtigte einstellen.
Bislang sind 57.889 Personen gefördert worden. Die Zahl der Austritte beträgt rund 15.280, was etwa 26,4 Prozent entspricht.
In der Corona-Krise zeigt sich nun auch ein bereits im Gesetzgebungsverfahren festgestellter Mangel: die Arbeitsverhältnisse nach § 16i SGB II – Teilhabe am Arbeitsmarkt – sind nicht arbeitslosenversicherungspflichtig. Deshalb kann für diese Beschäftigten keine Kurzarbeit beantragt werden. Dies wäre sicherlich für Arbeitgeber ein Anreiz, auch in Krisenzeiten öffentlich-geförderte Beschäftigung zu nutzen.
Der Entwurf zum 11. Änderungsgesetz zum SGB II sieht für dieses Instrument noch keine Änderungen vor.
Das Recht auf Teilhabe – wie es auch gesetzlich abgesichert ist – darf nicht dauerhaft eingeschränkt werden, auch nicht in Zeiten von Krisen. Die vorhandenen Rechtsgrundlagen und Konzepte zur Teilhabe müssen entsprechend angepasst und krisentauglich werden.
Die Bundesregierung will die Nutzung des Förderprogramms „Ausbildungsplätze sichern“ erhöhen.
„Mit vereinten Kräften haben wir es geschafft, dass die Corona-Pandemie im vergangenen Jahr vergleichsweise wenig Auswirkungen auf dem Ausbildungsmarkt hatte. Die größere Herausforderung liegt jetzt vor uns.“
Bundesminister für Arbeit und Soziales am 21.2.2021 im Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland
Im Sinne der Analyse der Bundesregierung, dass die Herausforderung auf dem Ausbildungsmarkt noch bevorsteht, könnte man das Bundesprogramm „Ausbildungsplätze sichern“ als vorbeugend sehen.
Tatsächlich ist die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge im Jahr 2020 um 11 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen – ein trauriger Rekord. Insofern hat das Programm bis jetzt sein Ziel verfehlt in der Corona-Krise Ausbildungsplätze zu sichern (siehe ausführlich hier Corona-Pandemie macht Ausbildungsgarantie erforderlich). Die Förderung durch Prämien und Zuschüssen an Unternehmen ist wenig in Anspruch genommen worden oder es hat wie bei den Zuschüssen hohe Ablehnungsquoten bei Anträgen gegeben.
Die Bundesregierung will nun die durch eine Änderung der Förderrichtlinie die Nutzung des Programms erhöhen. Dies soll durch zwei Veränderungen erreicht werden:
Verdoppelung der Ausbildungsprämie (künftig 4.000 Euro) und der Ausbildungsprämie plus (künftig 6.000 Euro)
Ausweitung der Antragsberechtigten (ab 1.6.2021 auch Unternehmen bis 499 Beschäftigten, bisher 249)
Die Verdoppelung der Beträge ist für den Bund unproblematisch, da aufgrund der geringen Zahl an Förderungen die veranschlagten Mittel überwiegend noch vorhanden sind.
Ob mit den geplanten Änderungen der Förderrichtlinie der bisherige Rückgang der abgeschlossenen Ausbildungsverträge und der künftige Abschluss zusätzlicher Ausbildungsverträge deutlich erhöht werden kann, ist fraglich.
Der Bund unterstellt wohl, dass die Ausbildungskosten für die Unternehmen zu hoch sind (analog sind die Beschäftigungskosten in einen sehr großen Niedriglohnsektor gesenkt, siehe hier). Denn im Wesentlichen basiert das Programm auf einem finanziellen Anreiz. Von diesem wird offensichtlich vermutet, dass er zu gering angesetzt war, um zu wirken.
Die Entscheidung eines Unternehmens für oder gegen den Abschluss eines Ausbildungsvertrags hängt allerdings von deutlich mehr Faktoren ab als von den Ausbildungskosten. Es ist doch nicht realistisch anzunehmen, dass ein Unternehmen, das die Größe von 499 Beschäftigten hat, die Entscheidung für einen Ausbildungsplatz von einer einmaligen Summe von 6.000 Euro abhängig macht.
Eine Strategie von „mehr vom selben“ könnte funktionieren, wenn die Analyse und Annahmen zutreffend sind. Die Probleme auf dem Ausbildungsmarkt bestehen schon länger (und unabhängig von der Corona-Krise) und sind bis jetzt durch die verschiedenen Förderprogramme nicht strukturell und nachhaltig gelöst worden. Dabei geht es nicht nur um die Menge an Ausbildungsplätzen, sondern auch um mehr Chancengleichheit in der Gesellschaft. Der Weg über die vorübergehende Subventionierung von Ausbildungskosten oder freiwilligen Selbstverpflichtungen der Unternehmen ist gescheitert.
Damit die Ausbildungsinteressierten nicht länger auf die Einlösung ihres Grundrechts auf freie Berufswahl (Art. 12 Grundgesetz) warten müssen, sollte eine Ausbildungsgarantie eingeführt werden.
Zur Messung der der materiellen Entbehrung gibt es zahlreiche Kriterien. Eines davon ist die (Un-) Fähigkeit von Haushalten, ihre Wohnung oder ihr Haus angemessen warmhalten zu können.
Das Statistische Bundesamt frägt regelmäßig im Rahmen einer europaweiten Erhebung, inwieweit Personen aus finanziellen Gründen ihre Unterkunft nicht angemessen warmhalten konnten.
Insgesamt konnten dies 2019 2,5 % der Bevölkerung nicht (entspricht 2,0 Millionen Personen in Deutschland).
Die Werte unterscheiden sich nach Haushaltstypen und nach Geschlecht. Für den Haushaltstyp „Alleinstehende“ sind die Daten nach Geschlecht differenziert verfügbar.
Alleinlebende sind besonders häufig nicht in der Lage ihre Unterkunft warm zuhalten. Insgesamt waren es 2019 4,8 % (Zum Vergleich die Schweiz: 0,3 %). Beim Haushaltstyp Alleinlebende gibt es allerdings geschlechtsspezifische Unterschiede. Frauen sind häufiger betroffen.
Quelle der Daten: EU-SILC
In 2019 waren Frauen um einen halben Prozentpunkt häufiger als Männer betroffen (5,1 % F, 4,6 % M). In den Jahren davor waren die Unterschiede noch größer (in 2015: 2,4 Prozentpunkte). Obgleich bei beiden Geschlechter, die Unfähigkeit die Unterkunft warm zuhalten gesunken ist, sind Alleinlebende dennoch doppelt so häufig betroffen wie die Bevölkerung insgesamt. Unter den Alleinerziehenden, die überwiegend Frauen sind, ist der Anteil noch höher: hier waren 2019 7 % betroffen (in der Schweiz 0,8 %).
Der Bundestag hat am 26.2.2021 beschlossen, die Dauer des Sozialdienstleister-Einsatzgesetzes (SodEG) bis zum 30.6.2021 zu verlängern. Die Beschlussfassung erfolgte im Rahmen des Sozialschutz-Pakets III.
Im Gesetzgebungsverfahren hat sich nun dazu eine Änderung ergeben:
Soweit und solange sich die Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) auch nach dem Ende einer durch den Deutschen Bundestag nach § 5 Absatz 1 Satz 1 des Infektionsschutzgesetzes festgestellten epidemischen Lage von nationaler Tragweite nur in einzelnen Ländern ausbreitet, kann das Parlament des betroffenen Landes nach § 28a Absatz 7 des Infektionsschutzgesetzes die Anwendbarkeit der besonderen Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) feststellen. In diesen Fällen wird das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates den Sicherstellungsauftrag in diesem Land zu verlängern. In jedem Fall endet der besondere Sicherstellungsauftrag spätestens zum 31. Dezember 2021.
Somit besteht zumindest die Option einer Verlängerung der Gültigkeit bis zum 31.12.2021. Dazu müssen die Landesparlamente entsprechend mitwirken.
Im Rahmen der repräsentativen Bevölkerungsumfrage Umfrage „Vertrauen in Staat und Gesellschaft während der Corona-Krise“ wurden von der Forschungsgruppe Wahlen Telefonfeld GmbH vom 29. Juni bis 06. Juli 2020 eine telefonische Umfrage unter 2.026 zufällig ausgewählten deutschsprachigen Bürgerinnen und Bürgern ab 18 Jahren durchgeführt.
Aus dieser Studie sollen im Folgenden die Erfahrungen der Befragten mit verschiedenen Behörden dargestellt werden.